Erstmals seit einem Jahr: Selbstmordanschlag in Israel
Drei Menschen starben beim ersten Selbstmordanschlag in Israel seit einem Jahr. Die Täter sollen nach der Sprengung der Blockade Gazas über Ägypten ins Land gelangt sein.
JERUSALEM taz Der Anblick von Toten, blutüberströmten Verletzten, zertrümmerten Ladenfronten und Ambulanzen ist in Dimona ungewohnt. Am Montag traf es die südisraelische Kleinstadt zum ersten Mal, als gleich zwei Attentäter versuchten, sich unmittelbar in einer Einkaufszone in die Luft zu sprengen. Eine israelische Frau und einer der Attentäter starben bei der Explosion. Durch die Geistesgegenwart eines Polizisten, der den zweiten Angreifer erschoss, bevor er den Sprengstoff an seinem Körper zünden konnte, konnte Schlimmeres verhütet werden. Die beiden Terroristen bahnten sich vermutlich über Ägypten den Weg nach Israel. In Dimona befindet sich Israels größte Atomforschungsanlage.
Seit der vorvergangenen Woche, als Aktivisten der Hamas vom Gazastreifen aus mehrere Löcher in die Grenzanlagen nach Ägypten bombten und damit hunderttausenden Palästinensern den Weg ins südliche Nachbarland öffneten, warnen israelische Sicherheitsdienste vor der möglichen Infiltration von Terroristen. Während der Gazastreifen nahezu hermetisch abgeriegelt ist, schaffen es die Sicherheitskräften kaum, die israelisch-ägyptische Grenze zu kontrollieren.
In einer der zum Teil widersprüchlichen Bekennermitteilungen, die die Online-Redaktion des israelischen Maariw erreichte, heißt es, dass der gestrige Anschlag von drei Gruppen organisiert worden: den Al-Aksa-Brigaden, den Abu-Ali-Mustafa-Brigaden von der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) und der Kompanie Nationaler Widerstand. Die Täter seien nicht über die Sinaihalbinsel nach Israel gereist. "Wir haben sie direkt aus Gaza ins 48er-Gebiet (Israel) gebracht", hieß es.
Dagegen spricht, dass es in den vergangenen acht Jahren nur ein einziges Mal einem Terrorkommando gelungen ist, die Grenzanlagen zu überqueren, als sich die Attentäter in einem Kühlwagen versteckten, in dem zuvor Gemüse in den Gazastreifen geliefert worden war. Dagegen waren die Täter des letzten Bombenanschlags vor genau einem Jahr in Eylat auch über Ägypten gekommen. Maariw meldete gestern auch, dass die ägyptische Polizei Palästinenser festgenommen hätte, die "im Besitz von Sprengstoff waren".
Während die Hamas-Führung im Gazastreifen über die "Heldentat" jubelte, verurteilte die Führung im Westjordanland den Gewaltakt, den sie allerdings der fortgesetzten israelischen "Aggression" zuschreibt.
Erst gestern töteten israelische Soldaten erneut zwei Kämpfer der Al-Aksa-Brigaden im Westjordanland. Wenige Stunden nach dem Anschlag in Dimona flog die israelische Luftwaffe einen Angriff auf Gaza und tötete dabei einen führenden Aktivisten des Volkswiderstandskomittees. Nach Aussagen von Arie Mekel, dem Sprecher des Außenamts in Jerusalem, sei der Angriff lediglich Teil des "fortgesetzten Kampfs gegen den mörderischen Terrorismus". Darüber hinaus werde Israel, so Mekel auf telefonische Anfrage, "nicht reagieren".
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