Erstmals Parteichefin für Bremer CDU: Röwekamp tritt ab
Fast 60 Prozent der CDU-Mitglieder votieren für Rita Mohr-Lüllmann als neue Landesvorsitzende. CDU-Chef Thomas Röwekamp erklärte umgehend seinen Rücktritt
Was tun gegen die schlechte Presse? "Wenn ein Journalist anruft - einfach die Schnauze halten", das war die schlichte Antwort von Thomas Röwekamp auf einer der parteiinternen Kandidaten-Veranstaltungen.
Dieser Stil soll nun ein Ende haben: 1.509 gültige Wahlzettel der Mitgliederbefragung wurden gestern Nachmittag ausgezählt, 864 Stimmen entfielen auf Rita Mohr-Lüllmann, nur 645 Mitglieder (42,7 Prozent) wollten den amtierenden Landesvorsitzenden weiter in diesem Amt sehen. Röwekamp, der auf der Pressekonferenz in die Kameras grinste wie immer, kündigte seinen Rücktritt als Landesvorsitzender an. Er werde im März, wenn ein ordentlicher Parteitag den Landesvorstand neu wählt, auch nicht mehr kandieren, erklärte er. Mohr-Lüllmann würde dann ab sofort - zunächst kommissarisch - die neue Vorsitzende.
Nur rund 350 von den mehr als 3.000 Parteimitgliedern hatten sich auf den vier Veranstaltungen das Kandidaten-Duell angeschaut, in dem sich die beiden Kandidaten, die den - verlorenen - Wahlkampf noch gemeinsam gestaltet hatten, nun im Streit präsentierten. Auf diesen Versammlungen dominierten die Funktionsträger der Partei und im Stimmungsbild war Röwekamp schon der Sieger. Die Briefwahl-Stimmen zeigten dann ein ganz anderes Bild von der Parteibasis.
Besonders bitter dürfte dieses Ergebnis auch für Michael Teiser sein. In der CDU geht man davon aus, dass die bedingungslose Unterstützung, die Röwekamp durch Teiser erfahren hat, auf einer Zusage basiert, dass Teiser bei den Bundestagswahlen den sicheren Bremer CDU-Spitzenplatz erhalten sollte. Wer in zwei Legislaturperioden im Bundestag war, hat Anspruch auf das Altersruhegeld - Teiser hat vor 1998 eine Legislaturperiode dort die Bremer CDU vertreten. Es ist bekannt, dass Rita Mohr-Lüllmann den Bremerhavener Stadtkämmerer nicht favorisiert.
Röwekamp ist auch Fraktionsvorsitzender der CDU in der Bremischen Bürgerschaft und wird das bleiben - er hatte bisher mehr als zwei Drittel der Abgeordneten hinter sich. Rita Mohr-Lüllmann wird also nichts anderes übrig bleiben, als mit ihm zusammenzuarbeiten, trotz der Verletzungen, die es in den letzten Wochen des parteiinternen Wahlkampfes gegeben hat.
In der Sache trennte die beiden CDU-Politiker dabei bisher wenig. Das wesentliche Argument hatte der Alt-Bürgermeister Hartmut Perschau in den CDU-internen Wahlkampf eingebracht: Röwekamp sei, hatte er erklärt, nicht der Typ, der Menschen ansprechen und in die Arbeit einbinden könne, er wirke kalt und arrogant. Auf einer der Veranstaltungen hatte Mohr-Lüllmann formuliert: "Unsere Bremer CDU braucht wieder ein Herz, eine Seele, Strahlkraft und Emotionen." Ihre Einschätzung der Lage der CDU: "Unsere Bremer CDU ist zur Zeit eine große Baustelle.Da steht ein gemeinsames Fundament an christlich-sozialen Grundwerten und einige Grundmauern aus politischer Oppositionsarbeit. Der ganze Rest ist sanierungsbedürftig." Es mangele an Führungskultur, an Mitgliederpflege und an Integrationskraft.
Rita Mohr-Lüllmann will in den kommenden Wochen die Kreis- und Stadtbezirksverbände besuchen und bei den Mandatsträgern für den Neuanfang werben. Bis zum März müssen die Delegierten und Vorstände in den Untergliederungen neu gewählt werden. Dann zeigt sich, ob diejenigen, die jetzt mit ihrer Briefwahlstimme Rita Mohr-Lüllmann an die Spitze gewählt haben, sich auch weitergehend in der CDU engagieren wollen.
Hartmut Perschau jedenfalls, das erklärte er gestern im CDU-Haus, hat "wieder Lust", sich in der Partei und für die Partei zu engagieren. "Wir haben heute die Mehrheit erreicht", meinte er. "Frischer, munterer und solidarischer" müsse die CDU in den kommenden drei Monaten werden.
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