Erschütternder Bericht eines Flüchtlings: Anrennen gegen die Festung Europa
Er wollte auswandern. Er reiste quer durch Afrika. Er saß bereits im Boot nach Lampedusa. Jetzt ist Georges N. wieder in Kamerun. taz.de dokumentiert seinen erschütternden Reisebericht.
BERLIN taz | "Man muss kräftig sein, um seinen Platz verteidigen zu können", erinnert sich Georges N. an seine Fahrt zusammen mit anderen afrikanischen Flüchtlingen auf einer offenen Ladefläche durch die Sahara. "Wer schwächelt, kann herunterfallen, und meistens fährt das Auto dann einfach weiter."
Der 30-jährige Kameruner, der trotz Studienabschluss für sich keine Perspektive sah, hat über ein Jahr lang versucht, die Ausreise nach Europa zu schaffen. Er lebte in der Wüste, er schaffte es bis ins Mittelmeer, sein Boot wurde von der libyschen Küstenwache gestoppt. Zurück in der Heimat, schrieb er auf Anraten seiner Freunde von Zenu Network, einem Netzwerk kamerunischer Bürgerrechtsaktivisten, seine Erlebnisse auf.
taz.de dokumentiert das ganze Reiseprotokoll von Georges N., der seinen Nachnamen nicht gedruckt sehen möchte. Das Zenu Network will den Bericht im August bei einem großen Jugendkongress zur Emigrationsfrage in Kamerun diskutieren. Er ist eine Anklage gegen Europa und gegen den neuen EU-Partner Libyen, dessen Revolutionsführer Gaddafi gestern den Jahresgipfel der Afrikanischen Union in Sirte eröffnete.
"Man steckte uns einfach in Zellen, und die Wächter warteten ab, wie es uns schlechter und schlechter ging", schildert N. seine Abschiebehaft in Libyen. "Es gibt nichts zu essen. Wer krank wird, bekommt keine Hilfe. Wer stirbt, muss von den anderen begraben werden."
Jedes Jahr sterben tausende Afrikaner beim Versuch der Migration nach Europa. Viele ertrinken im Mittelmeer. Anfang dieser Woche erst wurden sieben Leichen von Bootsflüchtlingen an der südspanischen Küste angespült.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt