Erneuter Wechsel in der US-Regierung: Vom Leibarzt zum Veteranenminister
Der bisherige Veteranenminister muss gehen. Donald Trump nominiert seinen Arzt Ronny Jackson für die Nachfolge. Dagegen gibt es Protest.
Um Shulkin gab es zuletzt Kontroversen wegen seiner Ausgabenpolitik: Unter anderem war seine Ehefrau mit ihm auf Kosten des Steuerzahlers nach Europa gereist. Eine Prüfabteilung im Ministerium fand heraus, dass sein Stabschef E-Mails gefälscht haben soll, um die Mitfahrt von Shulkins Gattin zu rechtfertigen. Und die internen Ermittler deckten auf, dass der Minister unrechtmäßig Tickets für das Tennisturnier Wimbledon annahm. Shulkin kündigte daraufhin an, dem Staat mehr als 4000 Dollar zu erstatten.
Doch enthüllten weitere interne Prüfungen weitere Verschwendung und Managementfehler von Shulkin. Hinzu kamen neue Vorwürfe, wonach er Mitglieder seines Sicherheitsapparats für persönliche Angelegenheiten auf Botengänge geschickt haben soll. Immer mehr Mitarbeiter begehrten gegen Shulkin auf. Dennoch hatte er bis zuletzt beteuert, die volle Rückendeckung des Weißen Hauses zu haben.
Kommissarisch werde nun Robert Wilkie, derzeit Staatssekretär im Verteidigungsministerium, das Kriegsveteranenministerium führen, wie Trump mitteilte. Damit überging der Präsident Vize-Minister der Behörde, Tom Bowman. Auch dieser stand zuletzt in der Kritik, weil er Trumps Agenda einer Reform der Veteranenversorgung zu zögerlich vorangetrieben haben soll.
Problem: Ausgabenpolitik
Shulkin ist bereits das zweite Kabinettsmitglied, das über eine umstrittene Ausgabenpolitik gestolpert ist. Erst im September 2017 war Tom Price nach nur wenigen Monaten als Gesundheitsminister in einer Affäre um die Nutzung von gecharterten Privatflugzeugen für Dienstreisen zurückgetreten.
Überhaupt dreht sich das Personalkarussell in der US-Regierung seit geraumer Zeit immer schneller. Erst vor kurzem hatte Trump seinen Nationalen Sicherheitsberater H.R. McMaster gefeuert, für großes Ausehen hatte zuvor die Entlassung des bisherigen Außenministers Rex Tillerson gesorgt.
An die Spitze des Veteranenministeriums soll mit Ronny Jackson ein Mann rücken, der zum engsten Vertrautenkreis des Präsidenten zählt. Trump soll auf den Leibarzt aufmerksam geworden sein, als dieser ihm im Januar bei einer Pressekonferenz eloquent und medienwirksam eine blendende Gesundheit attestierte. Jackson wurde 2013 noch unter Trumps Vorgänger Barack Obama zum Arzt des Präsidenten berufen.
Die überraschende Personalentscheidung Trumps werteten Beobachter nun als weiteren Beleg, dass er inzwischen eher auf vertraute Gesichter als auf erfahrene Kandidaten setzt.
Der Exekutivdirektor der Veteranenorganisation AMVETS, Joe Chenelly, zeigte sich mit der Nominierung Jacksons' unzufrieden. „Wir sind enttäuscht und schon ziemlich beunruhigt über diesen Kandidaten“, sagte er. Die Regierung müsse beweisen, dass Jackson qualifiziert sei, eine so riesige Behörde mit einem Bürokratieapparat im Umfang von 200 Milliarden Dollar zu führen. Das Ministerium kümmert sich um die Belange von neun Millionen Veteranen in mehr als 1700 staatlich betriebenen medizinischen Einrichtungen.
Das Kriegsveteranenministerium hinterlässt Shulkin aus Sicht von Beobachtern in chaotischem Zustand. Etliche Projekte sind noch nicht abgeschlossen – darunter eine milliardenschwere Überarbeitung von elektronischen Gesundheitsdaten von Veteranen, die dafür sorgen soll, dass Wartezeiten für deren medizinische Versorgung verkürzt werden. Auf Halde liegt zudem der Ausbau der psychologischen Betreuung von selbstmordgefährdeten Veteranen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“