Erneuter Ausfall des Trump-Sprechers: Spicer vergleicht Assad mit Hitler
Der Sprecher des Weißen Hauses will über den mutmaßlichen Chemiewaffenangriff in Syrien sprechen und vergisst dabei historische Fakten.
Bei der Pressekonferenz hatte er versucht, über den Horror des mutmaßlichen Chemiewaffenangriffs in Syrien in der vergangenen Woche zu sprechen. Für diesen macht die Regierung von US-Präsident Donald Trump den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad verantwortlich. „Wir benutzten keine Chemiewaffen im Zweiten Weltkrieg“, sagte Spicer. Er fügte hinzu, nicht einmal jemand, der so „verabscheuungswürdig“ gewesen sei wie Hitler, sei so tief gesunken, chemische Waffen einzusetzen.
Spicer versuchte anschließend, zwischen Hitlers Vorgehen und dem mutmaßlichen Giftgasangriff auf syrische Zivilisten in der vergangenen Woche zu differenzieren. Bei dem Angriff in Nordsyrien kamen mehr als 80 Menschen um Leben. Nach Angaben des türkischen Gesundheitsministers Recep Akdag zeigten Tests, dass der Kampfstoff Sarin eingesetzt wurde.
Als eine Reporterin Spicer wenig später bat, die Äußerung zu erklären, geriet er ins Straucheln. Er sagte: „Er (Hitler) hat Gas nicht auf dieselbe Art und Weise gegen sein eigenes Volk eingesetzt, wie es Assad tut. (…) Er hat es in die Holocaust-Zentren gebracht, das ist mir klar. Aber was ich zum Ausdruck bringen will, ist die Art, wie Assad es eingesetzt hat, indem er in die Städte geht und es über den Stadtzentren abwirft.“
Anne-Frank-Zentrum spricht von „Holocaust-Leugnung“
Mit dem Begriff „Holcaust-Zentren“ meinte Spicer offensichtlich die Konzentrations- und Vernichtungslager der Nationalsozialisten. Diese hatten in den Gaskammern in Auschwitz und anderen Lagern mehr als eine Million Menschen mit Giftgas ermordet, vor allem Juden, aber auch viele Sinti und Roma sowie andere Gruppen. Insgesamt brachten die Nationalsozialisten sechs Millionen Juden um.
In einem Fernsehinterview mit CNN entschuldigte Spicer sich später für seinen „unsensiblen“ und „unangemessenen“ Vergleich. „Es war ein Fehler das zu tun, es war mein Fehler“, sagte er.
Schon nach dem Pressebriefing hatte Spicer eine Stellungnahme an Reporter geschickt. Darin hieß es: „In keiner Weise hatte ich versucht, das schreckliche Wesen des Holocaust abzuschwächen … Jeder Angriff auf unschuldige Menschen ist verwerflich und unverzeihlich.“
Nach Angaben des Holocaust-Gedenkmuseums der USA hatten die Nazis Ende 1939 bei der Ermordung von Geisteskranken mit Giftgas experimentiert. Dies wurde als „Euthanasie“ bezeichnet. Später wurden Gaskammern verwendet. Allein im Vernichtungslager Auschwitz wurden täglich bis zu 6000 Juden vergast.
Demokraten fordern Spicers Rücktritt
Spicers Aussagen über Hitler riefen in der jüdischen Gemeinde Kritik hervor. Das in New York ansässige Anne-Frank-Zentrum für Gegenseitigen Respekt forderte Trump auf, Spicer zu entlassen. Spicer habe bestritten, dass Hitler Juden während des Holocaust vergaste. Der Sprecher habe „Holocaust-Leugnung“ betrieben, „die beleidigendste Form von Fake News vorstellbar“, erklärte der Exekutivdirektor des Zentrums, Steven Goldstein, in einer Stellungnahme.
Die Chefin der Demokraten im US-Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, sagte, Spicer habe den Horror des Holocaust heruntergespielt. Er müsse entlassen werden. Der demokratische Senator Ben Cardin twitterte, jemand müsse Spicer einen Kurs in Geschichte geben, damit dessen Wissen aufgefrischt werde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Misogynes Brauchtum Klaasohm
Frauenschlagen auf Borkum soll enden
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz