Erneuerbare Energien: Windrad ohne Bling-Bling
Ein Modellversuch testet ein Radarsystem, mit dem die Blinklichter an Windrädern nicht mehr ständig leuchten müssten. Dies könnte die Akzeptanz bei Bürgern erhöhen.
Verschandelung der Landschaft, Schattenwurf, zu viel Lärm - mit diesen Argumenten kämpfen immer mehr Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen. Auch das störende Blinklicht während der Nacht mindert die Akzeptanz der Anlagen, die eine wichtige Rolle für den Umbau des Energiesektors hin zu erneuerbaren Energien spielen. Doch zumindest dieses Problem könnte bald gelöst sein. In einem ersten Modellversuch in Nadrensee in Mecklenburg-Vorpommern wird seit einigen Tagen eine radargesteuerte Flugkennzeichnungsanlage getestet. Damit müssten die Anlagen nachts nur noch leuchten, wenn sich ein Flugzeug in der Nähe befindet.
Das gesetzlich vorgeschriebene Blinken, die sogenannte Befeuerung, soll Kollisionen zwischen Flugzeugen und Hubschraubern mit den Windrädern verhindern. Doch genau das führt häufig zu einer Belastung gerade bei Anwohnern, wenn sie beispielsweise vom Schlafzimmer aus das Leuchten sehen. Besonders in dünn besiedelten Gebieten fällt das Blinken als einzige nächtliche Lichtquelle auf. Mit dem Radarsystem gehe es darum, Menschen und Tiere zu entlasten, sagt Werner Diwald, Vorstand von Enertrag, der das Projekt entwickelt hat.
Die Radartechnik kommt vom norwegischen Unternehmen Ocas AS aus Oslo. Dort wird die Technik bereits seit vier Jahren an Strommasten eingesetzt, bislang jedoch noch nicht an Windkraftanlagen.
Die Radarantennen werden jeweils an Anlagentürmen an den Rändern eines Windfeldes montiert. Dass sie überhaupt gebraucht werden, liegt daran, dass in der Regel nur Verkehrs- und Militärflugzeuge mit einem eigenen Radar ausgestattet sind, der die Windräder orten könnte. Leicht- und Sportflugzeuge sowie Rettungshubschauer haben dieses Radarsystem oft nicht.
Wann das Blinklicht angeht, hängt von der Entfernung ab, aber auch von der Geschwindigkeit des Flugzeugs. Nach Enertrag-Angaben beginnt das Blinken etwa 30 Sekunden, bevor das Flugzeug die Windräder passiert. Danach leuchtet es etwa noch 60 Sekunden.
Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen würden zwar ein selteneres Blinken begrüßen, sehen darin jedoch nur einen Teilerfolg. Der Sprecher der Volksinitiative Windrad spricht von einem "kleinen Schritt nach vorne". "Aber das Blinken ist nicht das Grundproblem." Noch wichtiger sei es, den gesetzlichen Mindestabstand von derzeit 1.000 Meter zu Häusern zu vergrößern.
Doch auch die Dringlichkeit des Befeuerungsproblems könnte zunehmen. Denn nach den Richtlinien für die Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen müssen außerhalb von Städten und anderen dicht besiedelten Gebieten alle Hindernisse ab einer Höhe von 100 Meter gekennzeichnet werden. Dies trifft auch auf immer mehr Windkraftanlagen zu, die zunehmend größer gebaut werden.
Beim Modellversuch in Mecklenburg-Vorpommern läuft bislang nur das Radar, ohne dass die ständige "Befeuerung" schon ausgestellt werden konnte, da das Genehmigungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Wenn die Genehmigung erteilt worden ist, soll der Modellversuch ein halbes Jahr laufen.
Doch auch ohne diese Erfahrungen steht die Technik bereits vor dem Export: Laut Enertrag gibt es Anfragen aus den USA, aus Schweden und den Niederlanden für weitere Pilotprojekte.
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