piwik no script img

Ermittlungsverfahren gegen Polizisten8 von 1.000

In Berlin gab es 2013 knapp tausend Verfahren gegen Polizeibeamte. Allerdings kam es nur in acht Fällen zu Verurteilungen.

Polizisten halten zusammen. Bild: dpa

BERLIN dpa | Ermittlungsverfahren gegen Berliner Polizisten werden in den allermeisten Fällen eingestellt. Bei knapp tausend Ermittlungs- und Strafverfahren im Jahr 2013 gab es acht Verurteilungen. Das teilte die Justizverwaltung in einer Antwort auf eine Anfrage des Piraten-Abgeordneten Christopher Lauer mit, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. In etwa der Hälfte der Verfahren ging es um Körperverletzung im Amt. Ansonsten wurden Polizisten oft wegen Beleidigung, Bedrohung oder Strafvereitelung angezeigt. Die Zahlen für 2014 lagen noch nicht vor.

Insgesamt wurden 959 Verfahren eingestellt. Zwölfmal gab es Freisprüche. Acht Polizisten wurden verurteilt: darunter zwei wegen Körperverletzung, vier wegen Taten wie Beleidigung, Sachbeschädigung oder Diebstahl und einer wegen eines Delikts im Straßenverkehr.

Bekannt ist, dass die Justiz Polizisten nur schwer Straftaten nachweisen kann, weil es außer dem Opfer oft keine Zeugen für Übergriffe gibt und andere Polizisten ungern gegen Kollegen aussagen. Verurteilungen gab es allerdings in manchen Fällen, wenn jemand mit seinem Handy das Geschehen mitgefilmt hatte.

Anderseits werden viele Polizisten von Straftätern oder Demonstranten angezeigt, ohne dass tatsächlich ein Verstoß vorliegt. Immer wieder gibt es Fälle, bei denen Demonstranten sich Anordnungen der Polizei widersetzen, und sich nachher auch per Anzeige gegen ein vermeintlich zu hartes Durchgreifen wehren.

Lauer kritisierte im Blog der Piraten-Fraktion, besonders die Senatsinnenverwaltung habe seine Anfrage zunächst abgeblockt und falsche Zahlen geliefert. Ein Abgeordneter der Regierungspartei SPD habe Zahlen erhalten, die ihm als Vertreter der Opposition verweigert worden seien. Lauer schrieb von einem „Gipfel an Unverschämtheiten, die mir im Rahmen der Antworten auf meine parlamentarischen Anfragen durch die Senatsverwaltung für Inneres schon geboten wurden“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Wahrscheinlich vergessen einige der Polizisten, dass die, beauftragt durch unsere Politiker, IM DIENSTE DES VOLKES stehen, und nicht umgekehrt. Sie haben natürlich, per Gesetz, keine Weisungsbefugnisse gegenüber anderen Menschen.

     

    Jeder Polizist in Deutschland muss stolz darauf sein, im Dienste des Volkes stehen zu dürfen!

  • 8 von 1000 - da sind 3 Interpretationen möglich:

    1. Straftäter_innen zeigen die Polizist_innen fälschlicherweise an, um Vorteile daraus zu ziehen

    2. Polizist_innen sind häufig übergrifflich aber Polizei und Staatsanwaltschaft vertuschen das

    3. Zwar gibt es Übergriffe aber die Beweissituation ist so gestaltet, dass es Polizei und Staatsanwaltschaft nicht möglich ist, diese zu verfolgen

     

    Die Wahrheit liegt vermutlich zwischen 2 und 3.

     

    Interessant ist ein Vergleich mit angezeigten Vergewaltigungen:

    1. Unwillige Polizist_innen und Staatsanwält_innen verfolgen die Anzeigen nicht. Früher gab es das häufiger

    2. Anzeigen aus Rache oder wegen Vorteilen bei Sorgerechtsstreitigkeiten nehmen zu und werden mangels Beweise eingestellt, wenn es offensichtlich wird, dass es sich um Falschanzeigen handelt. Die Täterinnen werden nicht verfolgt - sie erreichen zudem ihr eigentliches Ziel

    3. Auf Grund mangelnder Beweise, müssen Täter freigesprochen werden

     

    Während die Politik bei Anzeigen gegen Polizist_innen nicht davon ausgeht, dass die 992 eingestellten Verfahren eine Strafbarkeitslücke darstellen, wird dies bei angezeigten Vergewaltigungen getan. Solange jedoch Falschanzeigen nicht ebenso stark wie Vergewaltigungen verfolgt werden, wird sich die Quote der Falschanzeigen erhöhen. Beweislastumkehr wird die Quote ebenso erhöhen, wie die aktuelle Uminterpretation von Widersprüchen in den Aussagen der Frauen als Indiz für eine auf Vergewaltigung zurückzuführende Traumatisierung.

     

    In beiden Fällen gibt es mehr Gerechtigkeit nur dadurch, dass Aussagen bei der Polizei flächendeckend auf Video aufgenommen und archiviert wird. Der Wahrheitsgehalt der Aussagen liesse sich besser überprüfen und Misshandlungen im Polizeigewahrsam aufdecken oder widerlegen. Denn jeder Einzelfall ist anders und weder Polizist_innen noch Frauen, die eine Vergewaltigung anzeigen, sind Heilige und deren Aussagen sind genauso kritisch zu hinterfragen, wie die Aussagen der Verdächtigen.

    • @Velofisch:

      "Die Wahrheit liegt vermutlich zwischen 2 und 3."

       

      Wie kommen Sie darauf?

    • @Velofisch:

      Da sind Sie eifrig dabei das politisch korrekte "_innen" ja nicht zu vergessen und übersehen dann glatt, dass nicht nur Frauen Opfer bei Vergewaltigungen werden ... sehr schade (aber wohl ebenso politisch korrekt)

      • @AnZweifler:

        Das einzig wirksame Mittel gegen Machtmissbrauch scheint mir die Abschaffung der Ungleichheit zu sein.

         

        Wer sich (wie beispielsweise Anzweifler) zurückgesetzt fühlt, der tendiert dazu, unvernünftig zu handeln. Das ist ein psychologisches Phänomen und vermutlich nicht zu beheben, so lange Menschen ein Gehirn besitzen, das kaputt gehen kann von zu viel "Druck".

      • @AnZweifler:

        Herrjeh, immer diese zu Unrecht Vergessenen! Ein Vergleich wird doch nicht dadurch falsch, dass er nicht flächendeckend wirkt!