Ermittlungen zu Wirecard-Skandal: Spion als Fluchthelfer
Der Wirecard-Skandal zieht auch in Österreich Kreise: Ein Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes und FPÖ-Politiker halfen offenbar Ex-Vorstand Marsalek.
Die Wiener Staatsanwaltschaft wirft dem Ex-BVT-Abteilungsleiter, der in den Medien mit seinem Initial W. geführt wird, vor, heimlich für Wirecard tätig gewesen zu sein. Er habe seinen Zugriff auf vertrauliche Daten missbraucht, um „die Zahlungsfähigkeit von Anbietern pornografischer Internetseiten zu überprüfen“. Marsalek war untergetaucht, nachdem der Milliardenbetrug aufgeflogen, aber noch kein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt war. Er zitierte W. am 18. Juni in ein Lokal in München, wo er ihn bedrängte, ihm die Flucht zu organisieren.
Da kommt der ehemalige FPÖ-Abgeordnete Thomas Schellenbacher ins Spiel, der schon seit Mittwoch in Haft sitzt. Er besorgte in W.s Auftrag eine Cessna, mit der Marsalek tags darauf ungehindert Richtung Minsk ausreisen konnte. In seinem Geständnis, das von mehreren österreichischen Medien zitiert wird, zeigt sich der FPÖ-Mann einsichtig: „Wir haben natürlich mitbekommen, dass es bei Wirecard stinkt.“ Trotz seiner Bedenken habe er den Flug organisiert: „Mir ist der Arsch schon auf Grund gegangen, wie man sagt, da ich mir gedacht habe, es stimmt da etwas nicht.“
Thomas Schellenbacher war im Zuge der Enthüllungen um den ehemaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu Bekanntheit gelangt. Sein Nationalratsmandat soll er einer Gruppe ukrainischer Geschäftsleute verdanken, die Strache eine Millionensumme bezahlt haben, um ihren niederösterreichischen Geschäftspartner ins Parlament zu bringen.
Die Wirecard-Affäre wurde bisher von der österreichischen Regierung kleingehalten, denn der inhaftierte Wirecard-CEO Markus Braun war, bis kurz bevor der Skandal öffentlich wurde, ein enger Berater von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Dessen Parteifreund und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka hat den mutmaßlichen Defraudanten Marsalek zumindest gekannt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs