Ermittlungen zu Bonner Bombe: Vielleicht doch von Islamisten
Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen zur Bonner Bombe an sich gezogen. Sie vermutet eine Verbindung zu islamistisch-terroristischen Kreisen.
BERLIN taz | Vier Tage nach dem Fund einer Bombe am Bonner Bahnhof hat am späten Freitagnachmittag nun die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Die Karlsruher Behörde glaubt, dass die ehemalige Bundeshauptstadt nur knapp einer Katastrophe entkommen ist.
Es lägen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass in Bonn ein Sprengstoffanschlag einer islamistischen Terrorgruppe verübt werden sollte, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Um welche Gruppe es sich dabei handeln soll, wurde nicht bekannt.
Am Montag gegen 13 Uhr war am Gleis 1 des Bonner Bahnhofs eine Tasche entdeckt worden, in der sich ein Sprengsatz befand. Er bestand nach Angaben der Ermittler aus einem etwa 40 Zentimeter langen Metallrohr, zündfähigem Ammoniumnitrat und war mit vier Gaskartuschen umwickelt. Als Zündvorrichtung sollte offenbar ein mit Batterien verbundener Wecker dienen.
Nachdem mehrere Tage lang kein Zünder gefunden worden war, hieß es am Freitag aus Ermittlerkreisen: Unter anderem Schmauchspuren und der niedrige Ladestand der verwendeten Batterien deuteten darauf hin, dass die Bombe bereits gezündet worden sei – und womöglich nur wegen eines Bastelfehlers nicht explodierte. Das habe die kriminaltechnische Untersuchung des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamts ergeben.
Ähnlichkeiten mit Internetbausatz
Wie die taz weiter aus Ermittlungskreisen erfuhr, soll die Bombe außerdem gewisse Ähnlichkeiten mit einem Sprengsatz haben, der sich in einer auf Englisch im Internet verbreiteten Anleitung des Al-Qaida-Ablegers in Jemen findet. Das sei einer der Gründe, warum man einen Hintergrund in Richtung Islamismus vermute, hieß es.
Die Bundesanwaltschaft teilte am Freitag darüber hinaus mit, es lägen „belastbare Hinweise“ vor, dass eine Person, die im Zusammenhang mit dem versuchten Anschlag verdächtigt werde, über Verbindungen in islamistische Kreise verfüge. Näheres wurde nicht bekannt.
Die zunächst zuständige Polizei in Köln hatte in den letzten Tagen erst per Phantombild nach einem Mann gefahndet, den Jugendliche gesehen haben wollen, wie er die Tasche am Bahnsteig vor ihre Füße schob und sich dann davonmachte. Er könnte aber auch nur ein Zeuge sein, hieß es später.
Am Mittwochabend veröffentlichte die Polizei dann ein Video aus einer McDonalds-Filiale unmittelbar am Bonner Bahnhof, das zeigt, wie ein andere Mann rund zehn Minuten vor dem versuchten Anschlag offenbar die blaue Sporttasche mit der Bombe trägt. In Medien war am Freitagabend von bis zu zwei weiteren Verdächtigen die Rede, nach denen gefahndet werde.
Beim Bundeskriminalamt (BKA) wurde eine eigene Sondereinheit eingerichtet, eine sogenannte Besondere Aufbauorganisation, die sich um die weiteren Ermittlungen zu dem versuchten Anschlag kümmern soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern