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Ermittlungen gegen SPD-LandratAtomtransport verraten

Die Polizei ermittelt gegen den SPD-Landrat des Kreises Wesermarsch. Er soll Details des Atomtransports nach Grohnde verraten haben.

Mit Hilfe von einem Landrat? – Empfangskommitee für den MOX-Transport in Nordenham. Bild: dapd

GÖTTINGEN taz | Nach dem umstrittenen Transport plutoniumhaltiger MOX-Brennelemente nach Niedersachsen gerät der Landrat des Kreises Wesermarsch, Michael Höbrink (SPD), ins Visier von CDU und Polizei.

Weil er vertrauliche Informationen darüber an Journalisten weitergegeben haben soll, ermittelt die Polizeidirektion Oldenburg gegen Höbrink nun wegen möglichen Geheimnisverrats. Man sei „in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft“, so der Oldenburger Polizeipräsident Hans-Jürgen Thurau.

Am Freitag hatte Landesinnenminister Uwe Schüneman (CDU) Höbrink erstmals offen verdächtigt. „Wir müssen uns das dienstrechtlich genauer anschauen“, sagte er. Der Vorsitzende der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion, Björn Thümler, assistierte: „Herr Höbrink hat seine Geheimhaltungspflicht verletzt.“

Stand schon im Internet

Höbrink weist das zurück. Er hatte vor dem Transport beklagt, gar nicht über die Route und weitere Details informiert worden zu sein. In einem kurzen Telefonat habe ihn die Polizei Anfang August lediglich darauf hingewiesen, dass er in Kürze vom AKW-Betreiber Eon weitere Informationen erhalten werde.

Wenige Tage später seien drei Eon-Leute im Kreishaus gewesen. Sie hätten nichts berichtet, was nicht auch im Internet gestanden habe. Diese Informationen habe er seinem „Dienstvorgesetzten, dem Kreistag“ weitergegeben, nicht aber Journalisten.

Der Oldenburger Polizeipräsident Hans-Jürgen Thurau sagte dagegen, Höbrink sei telefonisch über die Transportabwicklung im Hafen Nordenham, den weiteren Straßentransport nach Grohnde sowie den voraussichtlichen Transporttermin mit Datum und Uhrzeit informiert worden. Das „als vertraulich eingestufte“ Gespräch habe mehr als zehn Minuten gedauert. Anfang September habe es ein weiteres Telefonat gegeben, sagt Thurau. Der aus acht MOX-Brennelementen bestehende Transport hatte am 24. September das AKW Grohnde erreicht.

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13 Kommentare

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  • DF
    Dumme Frage

    "Können Sie nachweisen, dass diese Strahlung für die Anwohner gefährlich sind...?"

     

     

     

    "Können Sie nachweisen, daß ich tot bin, wenn Sie mir dieses Messer in den Bauch rammen?"

     

    "Ja, lassen Sie mich mal machen..."

  • C
    Celsus

    Witzig waren die Zeiten, in denen die SPD sich öffentlich gegen Atonkraft äußerten und die meist von SPD-Kommunen in NRW entsendeten Vertreter bei RWE dann für Atomkrtaftkraftwerke stimmten.

     

    Es wohnen zwei Seelen ach in der Brust der Partei.

  • S
    Strel

    "Die Polizei hält vor den Bürgern also lieber geheim, wenn da nebenan reichlich Strahlung vorbeirauscht."

     

    Sollte es nicht grade im Interesse all derer sein, die den "Überfall" oder den Angriff auf einen solchen Transport als Gefahrenquelle sehen, wenn solche Informationen nicht in die breite Öffentlichkeit hinausposaunt werden?

     

    Auch die "Scheindemokratie" und "Polizeistaat"-Gemeinschaft muss sich gefallen lassen, dass es gesetzliche Regelung zum Umgang mit diesen Informationen gibt.

     

    Das Highlight ist, dass bei derartigen Transporten immer so ein Fass geöffnet wird, während täglich wesentlich gefährlicheres Transportgut (z.B. aus Chemie und Medizin) fleißig umherfährt, ohne dass auch nur eine am Straßenrand seine Fahne schwenkt!

  • D
    Dhimitry

    @ @TV

     

    Wenn Strahlung ungefährlich wäre, warum müssen dann abgebrannte Elemente in teuren Containern gelagert werden? Es besteht immer die Gefahr, dass diese Container fehlerhaft sind, weil von Menschen gebaut. Ihre Technikgläubigkeit in allen Ehren, aber Ihr Ärger scheint hier etwas übertrieben...

  • W
    wauz

    Ein simples Fragezeichen

     

    hätte dieser Schlagzeile sehr gut getan.

     

    Quo vadis, taz?

  • T
    @T.V.

    "Die Polizei halt vor den Bürgern also lieber geheim, wenn da nebenan reichlich Strahlung vorbeirauscht."

     

    Können Sie nachweisen, dass diese Strahlung für die Anwohner gefährlich sind oder wieder mal nur Ihre üblichen inhaltsleeren Parolen? Wenn es um Radioaktivität geht, schaltet bei den dümmlich-hysterischen Deutschen der Verstand gänzlich aus. Wohlgemerkt: Das ist kein Plädoyer für Kernkraft, das ist eine andere Frage. Mich nerven nur die Phrasen jenseits jeglicher Empire.

  • A
    Aha!

    So funktioniert also Demokratie in Deutschland:

     

    Wenn die Gefahr besteht, daß Wähler dagegen sein könnten, wird die Bevölkerung kurzerhand nicht mehr informiert.

     

    Gut zu wissen...

     

    Hat eigentlich irgendwer schon die Drahtzieher wegen Gefährdung der Öffentlichkeit verklagt?

  • IB
    Ingo Bernable

    Wenn ein Politiker nicht die Demokratie bzw. Konzernintressen vor den Bürgern schützt und dafür auf der Anklagebank landet, nennt sich das wohl Rechtsstaat. So gesehen der passende Artikel zum Datum...

  • R
    Realist

    Die Scheindemokratie entlarvt sich wieder mal selbst. Wenn es (Polizeistaat) nicht so beängstigend wäre, würde ich mich totlachen.

  • RB
    Rainer B.

    Stellt sich doch die Frage, warum man in einer Demokratie der Öffentlichkeit Dinge, die sie persönlich mit Leib und Leben betreffen, verschweigen muss?

     

    Was die CDU-Herrschaften hier mal wieder betreiben ist der Versuch der Einschüchterung und Nötigung. Egal, ob die 'Vorwürfe' gegen den Landrat berechtigt sind, oder nicht, man legt schon mal die Folterinstrumente auf den Tisch. Wer sowas auch noch wählt, ist mir unheimlich.

  • O
    ordentlich

    Gefahrgut fährt durch den Weserarsch. Das sind dann Staatsgeheimnisse und die Oldenburger Polizei ermittelt.

     

    Wer ermittelt denn, dass regelmäßig Gefahrgut durch Oldenburg gefahren wird? Die Weserarscher?

     

    Und die Göttinger? führen Buch darüber?

     

    Ordentlich.

  • F
    fridi.g

    so, so,

    da hat also jemand angerufen?

    Woher wusste der/die denn ob wirklich die erwartete Person am Apparat war?

     

    Ist es nicht ein wenig fahrlässig "geheime" Informationen über Telefon weiterzugeben und dann zu denken, dass das niemand anders mitbekommen könne?

  • T
    T.V.

    Was ne Farce. Die Polizei halt vor den Bürgern also lieber geheim, wenn da nebenan reichlich Strahlung vorbeirauscht.