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Archiv-Artikel

Ermittler vermuten Verzweiflungstat

Beim Familiendrama in Marzahn wurden die Mutter und ihre zwei behinderten Kinder erwürgt. Ihr Lebensgefährte starb als Letzter vermutlich an einer Überdosis Tabletten. Staatsanwaltschaft spricht von „erweitertem Suizid“

Das Familiendrama mit vier Toten in Marzahn ist offenbar durch Verzweiflung und jahrelange Überforderung ausgelöst worden. Ein Abschiedsbrief lege nahe, dass die 53-jährige Mutter und ihr vermutlicher Lebensgefährte entschieden hätten, gemeinsam mit den beiden schwer behinderten Kindern aus dem Leben zu scheiden, sagte gestern der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald: Anhaltspunkte für einen fremden Täter gebe es nicht. In der Fachsprache der Ermittler wird ein solcher Fall als „erweiterter Suizid“ bezeichnet.

Zum weiteren Inhalt des Briefes, der neben der Mutter gefunden wurde, wollten sich die Ermittler nicht äußern. „Zum Inhalt des Abschiedsbriefes und der Motivation der Familie äußere ich mich nicht“, betonte Grunwald. „Es handelt sich um eine Familientragödie, die man nicht noch dadurch vertiefen muss, dass man Interna nach außen trägt.“ Dies gehöre nicht in die Öffentlichkeit.

Die Mutter, der 34-jährige Sohn und die 22 Jahre alte Tochter waren am Montag tot in ihren Betten aufgefunden worden. Ersten Ermittlungen zufolge wurden sie erwürgt. Möglicherweise seien sie zu diesem Zeitpunkt bewusstlos gewesen, sagte Grunwald. Der Mann, vermutlich der Lebensgefährte der Frau, habe sich möglicherweise vergiftet. Er saß tot am Küchentisch, als Rettungskräfte die Wohnung öffneten. Nach Angaben der Ermittler hat er sich möglicherweise mit einer Überdosis Tabletten getötet, auch die Opfer waren möglicherweise betäubt. Womit er sich genau umbrachte, müsse die weitere chemisch-toxikologische Untersuchung ergeben, deren Ergebnisse frühestens im Laufe des heutigen Tages erwartet werden. Mit einem längeren Ermittlungsverfahren sei nicht zu rechnen, sagte Grunwald: „Gegen Tote können wir nicht ermitteln.“

Die Leichen wurden am Montagvormittag in Marzahn von der Feuerwehr entdeckt. Nach Polizeiangaben hatten Bekannte der Opfer die Rettungskräfte alarmiert, nachdem die beiden Kinder am Morgen nicht wie erwartet zu einem verabredeten Physiotherapietermin erschienen waren.

Medienberichten zufolge war die Mutter arbeitslos; sie soll sich jahrzehntelang intensiv um ihre körperlich und geistig schwer behinderten Kinder gekümmert haben. Am Ende sei sie selbst wohl hoffnungslos überfordert gewesen, wurden Nachbarn zitiert. Die Familie lebte in einer ruhigen Gegend Marzahns in einer Vier-Zimmer-Wohnung eines sechsgeschossigen Hochhauses. Der Lebensgefährte hatte in der Nähe eine eigene Wohnung. DPA, AP