: Erlebnis- statt Ökoshopping
Der Greenpeace Shop in Charlottenburg hat wegen schlechten Umsatzes dichtgemacht. Jetzt sollen mit einem neuen Konzept auch Zufallskunden zum Flanieren locken ■ Von Kerstin Marx
Seit letztem Samstag, 14 Uhr, ist Schluß: Der Berliner Greenpeace Shop in den Charlottenburger Stadtbahnbögen hat nach fast drei Jahren dichtgemacht. Allgemein gesunkenes Interesse an der Arbeit der Umweltschutzorganisation, vor allem aber die für DurchschnittseinkäuferInnen ungünstige Lage unter den S-Bahnbögen hätten im Geschäftsjahr 1997 für einen „ziemlich miserablen Umsatz“ gesorgt, erzählt Laden-Mitarbeiter Hubertus Bree. Zwar hatte sein Chef, der Noch-Inhaber des Geschäfts, an einen Wechsel des alten Ladens in neue Räume gedacht. Doch der zuständige Greenpeace Umweltschutzverlag in Hamburg hat andere Pläne: Mit einem aufgemöbelten Ladenkonzept will man die Berliner künftig zum „ökologischen Shopping einladen“.
Naturtextilien, Glas und Ökowein sowie eine ganze Reihe saisonbedingter Produkte sind in dem Charlottenburger Shop seit 1995 über die Theke gegangen. Und zwar nicht nur an eingefleischte Ökos und politisch korrekt Orientierte, wie Hubertus Bree betont: „Einige Kunden wollten die Arbeit von Greanpeace unterstützen, andere waren einfach an unseren Produkten interessiert.“ Doch trotz Stammkunden fehlten die für den Umsatz so wichtigen Lauf- und Zufallskunden: Für Flaneure sei das Geschäft einfach zu weit ab vom Schuß gewesen, bedauert Bree. Da half es auch nicht, daß die Einnahmen bei Greenpeace-Kampagnen jeweils spürbar nach oben gingen.
In Zukunft soll das alles anders werden. Acht Jahre, nachdem in Hamburg der erste Greenpeace- Laden die Pforten öffnete, hat der Umweltschutzverlag, eine Tochtergesellschaft von Greenpeace, das Shop-Konzept stark überarbeitet. Mitten in den Colonaden, Hamburgs feinster Einkaufsmeile, hat im Oktober 1997 der erste „Neue Greenpeace Shop“ eröffnet. Dessen Konzept soll jetzt einheitlich auf 14 mögliche Deutschland-Standorte übertragen werden, darunter die bisherigen Läden in Berlin und Hannover.
In den neuen Läden gibt es nach wie vor ökologisch korrekte Produkte, und auch die jetzt am Computerterminal abfragbaren Infos zu Greenpeace und zu Umweltthemen sind wichtig. „Aber nach Öko, was viele immer noch mit Angestaubtem und Altbackenem verbinden, sieht das alles ganz bewußt nicht aus“, erklärt Verlagssprecherin Traute Bickel. Ein „modernes edles Ambiente“ stehe jetzt im Vordergrund: Die neuen Ladenräume in Hamburg sind hell und freundlich, die Regale in einer schicken Stahl-Holz- Kombination und die Lage bestens dazu geeignet, auch Passanten anzulocken: Die Verpackung macht es mittlerweile auch bei Greenpeace.
Bezogen auf den Laden in Charlottenburg, hat das neue Konzept allerdings einen Haken: Inhaber Wesolek, der 1990 mit dem Umweltschutzverlag einen Franchise-Vertrag abgeschlossen hat, kann es sich nicht leisten, seine eigentlich gar nicht mal so unmodernen Kirschbaummöbel gegen neues Mobiliar zu tauschen. Und auch die Miete in einer teuren Einkaufsmeile sei nicht finanzierbar, weiß Verkäufer Bree. Ein bißchen wehmütig gleitet sein Blick dabei über die leergeräumten Regale, auf die er bislang so stolz war. Die sind jetzt nicht mehr gefragt.
Der Umweltschutzverlag sucht deshalb einen neuen Interessenten. Die Hoffnungen, den für Berlin geplanten Laden noch in diesem Jahr eröffnen zu können, sind laut Sprecherin Bickel groß. Denn abgesehen davon, daß alle Läden bezüglich Lage und Gestaltung dieselben Kriterien zu erfüllen hätten, zeige man sich schließlich flexibel: „Falls jemand einen Greenpeace Shop im KaDeWe aufmachen will, wäre das durchaus vorstellbar“, meint Bickel.
Die Zuversicht ihres Unternehmens drückt sich in der Umsatzerwartung für das laufende Geschäftsjahr aus: Für den Laden in Hamburg sowie für jeden neu zu eröffnenden Shop rechnet man mit 700.000 Mark – rund dreimal soviel, wie mit dem alten Konzept erarbeitet werden konnte. Bleibt zu hoffen, daß die Kunden mitziehen: Unter dem Motto „In was stecke ich da eigentlich mein Geld hinein?“ hätten einige bereits recht empfindlich auf das schicke Neukonzept und den damit verbundenen Imagewechsel reagiert, beschreibt Bree Meinungen von Kunden aus dem „alten“ Laden. Doch um die geht es ja jetzt nicht mehr ausschließlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen