Erinnerung an Opfer rechten Terrors: Gesetz für NSU-Dokuzentrum gescheitert
Weil SPD und Grüne sich mit der Union nicht einigen konnten, liegt das geplante NSU-Dokuzentrum auf Eis. Auch der Schutz kritischer Infrastruktur hängt.

Auch das sogenannte Kritis-Dachgesetz und das zugehörige NIS2-Umsetzungsgesetz kommen nicht mehr. Beide hätten Anlagen, die zur kritischen Infrastruktur gehören, neue Sicherheitsstandards vorgeschrieben, etwa in den Bereichen Energie, Wasser, Gesundheit und digitale Infrastruktur. Sie sollten so besser gerüstet sein gegen Bedrohungen wie Cyberangriffe, Naturkatastrophen oder Sabotage.
Verantwortlich dafür, dass es keine Einigung mehr gab, ist zunächst einmal die Union. Die hatte bei ausgewählten Gesetzen zunächst noch Gesprächsbereitschaft angedeutet, Mitte Januar dann aber angekündigt, keines der innenpolitischen Vorhaben mehr mitzutragen. Dabei blieb sie bis zuletzt, jetzt lief die Frist ab, innerhalb derer ein reguläres Gesetzgebungsverfahren noch hätte durchlaufen werden können.
Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz und die Grünen-Innenexpertin Misbah Khan sagten der taz, das Verhalten der Union beim Kritis-Dachgesetz sei „sicherheitspolitisch absolut unverantwortlich“. Zum NSU-Dokumentationszentrum hatte Khan schon am Montag gesagt, ein Scheitern des Gesetzes sei „ein fatales Zeichen an die Betroffenen“.
Liegt das Scheitern wirklich nur an der Union?
Allerdings gibt es auch Stimmen, die die Gründe für das Scheitern nicht nur bei der Union sehen. Manuel Atug von der Experten-Vereinigung AG Kritis sieht „die Verantwortung für die beiden fehlenden Gesetze zur physischen Sicherheit und Cybersicherheit klar bei der Ampel, die herumgeeiert hat und sich vom Bundesinnenministerium und der CDU vor sich hertreiben ließ“.
Union und BMI hätten etwa darauf beharrt, Sicherheitslücken für Polizei und Geheimdienst nutzbar zu machen. Atug dazu: „So bleiben wir im Digitalen und im Schutz der kritischen Infrastruktur weiterhin ohne Strategie, Nachhaltigkeit oder Souveränität durch unsere Politik.“
Ohnehin bleibt festzuhalten: Hätten SPD, Grüne und FDP die nun gescheiterten Gesetze vor dem Ampelbruch konsequenter vorangetrieben, wäre eine Zustimmung der Union jetzt gar nicht nötig gewesen. Einen ersten Entwurf für das Kritis-Dachgesetz hatte Faesers Innenministerium schon im Sommer 2023 vorgelegt. Der musste nach heftiger Kritik aber nachgebessert werden – und die überarbeitete Version landete erst im November 2024 im Kabinett.
Mit dem ersten Entwurf für das Gesetz zum NSU-Dokumentationszentrum ließ sich Faeser noch mehr Zeit. Erst im August 2024 – also nach rund zweieinhalb Jahren Ampelregierung – wurde das Papier an die anderen Ministerien zur Abstimmung gegeben.
In beiden Fällen dürfte auch eine eventuelle CDU-Regierung die Vorhaben wieder aufnehmen. Auch eine bereits abgeschlossene Machbarkeitsstudie zum NSU-Dokumentationszentrum könnte wohl in einen neuen Anlauf nach der Bundestagswahl einfließen. Doch bis dahin wird es wohl dauern.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!