Erika Steinbach tritt nicht mehr an: Die Vertriebene macht Platz

Für viele war sie Lieblingsfeindin, für andere standhafte Menschenrechtlerin: Die Chefin des Bundes der Vertriebenen hört auf.

Verabschiedet sich in den Ruhestand: Erika Steinbach. Bild: dpa

BERLIN taz | In Polen ist die Freude groß. Endlich, so der Tenor der Berichterstattung, tritt Erika Steinbach ab. Die CDU-Bundestagsabgeordnete hat angekündigt, sich als Vorstandsvorsitzende des Bundes der Vertriebenen zurückzuziehen.

In Polen, aber auch hierzulande gehört die sogenannte Vertriebenenchefin zu den bekanntesten und umstrittensten PolitikerInnen. Ihre vorgetragene Forderung nach einem Zentrum gegen Vertreibungen wurde von den PolInnen als Versuch gewertet, die Geschichte des Zweiten Weltkrieges umzuschreiben. Die Deutschen sollten nicht nur von ihrer Schuld entlastet werden, Steinbach sah sie gar in der Opferrolle. Dieses Ziel, kommentiert die in Warschau erscheinende Gazeta Wyborcza, habe Steinbach nicht erreicht – „dank Angela Merkel“. Die habe entschieden, „dass der Staat und nicht der Verband der Vertriebenen gedenkt“.

Steinbach selbst sieht das gleichwohl anders. Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagt die Siebzigjährige, „gegen alle Widerstände“ sei es durch die Gründung der Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ gelungen, dass heute eine Gedenkeinrichtung des Bundes gebaut werde, „in der das Schicksal der deutschen Vertriebenen in die nächsten Generationen vermittelt wird“. Gefragt nach einem möglichen Rückkehrrecht für Vertriebene, erklärte sie, das Völkerrecht sei ja eindeutig: „Vertriebene haben das Recht, in die Heimat zurückzukehren.“

Im Fall der Erika Steinbach, geborene Hermann, wäre dies die Stadt Rumia in Nordpolen. Dort wurde sie 1943 geboren. Ihr Vater war 1941 als Feldwebel der Luftwaffe in den „Reichsgau Danzig-Westpreußen“ beordert worden, später kam er in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Die Mutter flüchtete im Januar 1945 mit den Töchtern über die Ostsee nach Schleswig-Holstein. Den Vorhalt, mit dieser Biografie sei sie eine „falsche Vertriebene“, parierte Steinbach später einmal, man müsse „kein Wal sein, um sich für Wale einzusetzen“.

Einen Nachfolger gibt es schon. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Bernd Fabritius will im November als neuer Präsident des Bundes der Vertriebenen kandidieren. Der 49-Jährige stammt aus Siebenbürgen und ist seit 2010 Steinbachs Stellvertreter.

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