Erich Rathfelder über die BalkanPolitik der EU: Wo es brodelt
Der südöstlichen Flanke Europas droht eine weitere Destabilisierung. Die umstandslose Weiterleitung der Flüchtlinge von einem Staat zum anderen ist schon für sich ein Trauerspiel. Doch die damit verbundenen Konflikte zwischen den Staaten lassen auch sehr alte Wunden aufbrechen.
Der serbische Präsident Nikolićbeschuldigte EU-Mitglied Kroatien nach ein paar Querelen an der Grenze, ein „faschistischer Ustascha-Staat“ zu sein, Kroaten, Slowenen und Ungarn sind sich auch nicht mehr grün. Die Südostflanke der EU gibt ein erbärmliches Bild ab. Hinzu kommt, dass sich auf dem eigentlichen Balkan – also in den europäischen Gebieten, die einstmals zum Osmanischen Reich gehört haben – fast alles zum Schlechteren wendet, weil die Integrationskraft der EU langsam, aber sicher zu schwinden droht.
Ein unter Vermittlung der EU zustande gekommenes Abkommen zwischen dem „kleinen Putin“ aus Mazedonien, Regierungschef Nikola Gruevski, und der Opposition wird nicht umgesetzt. Weder wird es Neuwahlen geben noch die Wiederherstellung der Pressefreiheit. Auch in Montenegro werden die Auseinandersetzungen zwischen dem seit Jahrzehnten regierenden und durch Korruption belasteten Regierungschef Milo Ðukanovićund der Opposition schärfer. Die proserbischen Kräfte wollen die Nato-Mitgliedschaft des Landes verhindern. Da könnte das am Dienstag unterzeichnete Stabilitäts- und Assoziierungsabkommen der EU mit dem Kosovo ein Leuchtturm sein. Leider ist es das nicht.
Zwar gelang es der EU mit großem diplomatischem und finanziellem Druck, das kleine Kosovo dazu zu bewegen, ein Abkommen mit Serbien zu schließen. Die damit verbundene territoriale Teilung des Landes auf ethnischer Grundlage nach dem Vorbild Bosnien und Herzegowinas jedoch bringt das Kosovo an den Rand des Kollapses. Wer will die EU-Außenpolitik da noch ernst nehmen.
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