Ergebnisse der Volkszählung 2011: Karlsruhe stoppt Löschung der Daten
Viele Kommunen glauben nicht, dass ihre Einwohnerzahl gesunken ist. Diese Ergebnisse des Zensus 2011 werden nun nicht mehr gelöscht.
Grund für die Karlsruher Entscheidung waren Rechtsbehelfe von insgesamt über 1.000 Gemeinden gegen die auch für sie nachteiligen Ergebnisse der Erhebung. Wenn die Daten weiter gelöscht würden, könnten die Gemeinden eine eventuell fehlerhafte Berechnung ihrer Einwohnerzahl durch die Gerichte nicht mehr effektiv überprüfen lassen, hieß es nach einer Folgenabwägung.
Der mit der längeren Speicherung verbundene Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Bürger sei demgegenüber von „verhältnismäßig geringem Gewicht“. Die Speicherfrist war bereits im Mai abgelaufen.
Das Land Berlin hat als einziges in Karlsruhe geklagt. Das Land zweifelt grundsätzlich an der 2011 erstmals angewandten Erhebungsmethode und will die Verfassungsmäßigkeit der Volkszählung klären lassen.
Weniger Einnahmen im Länderfinanzausgleich
Darüber will der Zweite Senat später entscheiden. Ein Zeitpunkt sei derzeit nicht absehbar, sagte ein Gerichtssprecher. Viele Gerichte in den unteren Instanzen wollen diese Entscheidung jedoch abwarten. Der vorläufige Stopp der Löschung gilt zunächst für sechs Monate, kann aber verlängert werden.
Die Statistischen Ämter von Bund und Land führten die Erhebung 2011 durch, um die amtlichen Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Gemeinden verbindlich festzulegen. Für Städte mit mehr als 10.000 Einwohnern wurde dabei erstmals eine registergestützte Stichprobenerhebung durchgeführt.
Die Ergebnisse führten in zahlreichen Gemeinden zu einer offiziellen Verringerung ihrer Einwohnerzahl, was in den sogenannten Nehmerländern zu weniger Einnahmen im Länderfinanzausgleich führt.
„Zur Abwehr möglicher schwerer Nachteile für die betroffenen Gemeinden ist der Erlass der Anordnung daher dringend geboten“, urteilten die Richter. Für die Kommunen gehe es um viel Geld. Die nächste Erhebung soll 2021 stattfinden. Berlin würden von 2011 bis dahin etwa 4,7 Milliarden Euro entgehen. Eventuelle Nachzahlungen hingen davon ab, ob die ermittelten Zahlen richtig gewesen seien, befanden die Richter.
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