piwik no script img

Ergebnisse der Volkszählung 2011Karlsruhe stoppt Löschung der Daten

Viele Kommunen glauben nicht, dass ihre Einwohnerzahl gesunken ist. Diese Ergebnisse des Zensus 2011 werden nun nicht mehr gelöscht.

Kommunen zweifeln die Ergebnisse der Volkszählung 2011 an. Foto: dpa

Karlsruhe dpa | Das Land Berlin hat mit seiner Klage gegen den Zensus 2011 beim Bundesverfassungsgericht einen wichtigen Teilerfolg errungen: Die Karlsruher Richter gaben einem Eilantrag des Landes statt und stoppten vorläufig die Löschung aller im Rahmen des Zensus erhobenen Daten. Das teilte das Gericht am Dienstag in Karlsruhe mit (Az.: 2 BvF 1/15). Berlin wehrt sich dagegen, dass durch den Zensus seine Einwohnerzahl um etwa 180.000 Einwohner auf 3,3 Millionen Einwohner nach unten korrigiert wurde.

Grund für die Karlsruher Entscheidung waren Rechtsbehelfe von insgesamt über 1.000 Gemeinden gegen die auch für sie nachteiligen Ergebnisse der Erhebung. Wenn die Daten weiter gelöscht würden, könnten die Gemeinden eine eventuell fehlerhafte Berechnung ihrer Einwohnerzahl durch die Gerichte nicht mehr effektiv überprüfen lassen, hieß es nach einer Folgenabwägung.

Der mit der längeren Speicherung verbundene Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Bürger sei demgegenüber von „verhältnismäßig geringem Gewicht“. Die Speicherfrist war bereits im Mai abgelaufen.

Das Land Berlin hat als einziges in Karlsruhe geklagt. Das Land zweifelt grundsätzlich an der 2011 erstmals angewandten Erhebungsmethode und will die Verfassungsmäßigkeit der Volkszählung klären lassen.

Weniger Einnahmen im Länderfinanzausgleich

Darüber will der Zweite Senat später entscheiden. Ein Zeitpunkt sei derzeit nicht absehbar, sagte ein Gerichtssprecher. Viele Gerichte in den unteren Instanzen wollen diese Entscheidung jedoch abwarten. Der vorläufige Stopp der Löschung gilt zunächst für sechs Monate, kann aber verlängert werden.

Die Statistischen Ämter von Bund und Land führten die Erhebung 2011 durch, um die amtlichen Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Gemeinden verbindlich festzulegen. Für Städte mit mehr als 10.000 Einwohnern wurde dabei erstmals eine registergestützte Stichprobenerhebung durchgeführt.

Die Ergebnisse führten in zahlreichen Gemeinden zu einer offiziellen Verringerung ihrer Einwohnerzahl, was in den sogenannten Nehmerländern zu weniger Einnahmen im Länderfinanzausgleich führt.

„Zur Abwehr möglicher schwerer Nachteile für die betroffenen Gemeinden ist der Erlass der Anordnung daher dringend geboten“, urteilten die Richter. Für die Kommunen gehe es um viel Geld. Die nächste Erhebung soll 2021 stattfinden. Berlin würden von 2011 bis dahin etwa 4,7 Milliarden Euro entgehen. Eventuelle Nachzahlungen hingen davon ab, ob die ermittelten Zahlen richtig gewesen seien, befanden die Richter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!