: Erfolgreiche Flatterbälle
■ Moerser Schmetterhände unterliegen im Halbfinale des Volleyball-Pokales gegen den SCC in letzter Sekunde den listigen Aufgaben des Mario Göbert
Berlin-Charlottenburg. „Magic Schorsch“ Georg Grozer saß auf der Tribüne und sah zu, wie seine Mannschaft Moerser SC entzaubert wurde. Der frisch gekürte Meister war zur Halbfinalbegegnung des DVV-Pokals als großer Favorit nach Berlin gereist, nachdem das Starensemble schon den starken Vizemeister Wuppertal vorzeitig aus dem Wettbewerb geschmettert hatte. Und nun solch eine Schmach! Apotheker Krivic mochte gar nicht mehr hinsehen, wie seine Spitzenverdiener auf dem glatten Boden der Sömmeringhalle mit 2:3 ausrutschten.
Für die Charlottenburger Netzkünstler schien in diesem Jahr nur die zweite Geige im Konzert der Großen angesagt. Im Europapokal frühzeitig gegen einen dänischen Vertreter ausgeschieden und den dritten Platz in der Play-Off-Runde verfehlt, bleibt den SCClern nur der Pokalgewinn, um in der kommenden Saison auch auf europäischem Parkett glänzen zu dürfen. Also galt für die Spieler um Ronald Triller und Thomas Brall in der Vorschlußrundenbegegnung die Devise: „Alles oder Nichts!“
Schon im ersten Durchgang hatten die Annahmespezialisten des Meisters, Chang Cheng Liu und Oliver Oetke, erhebliche Schwierigkeiten mit den präzis geschlagenen Aufgaben der Berliner. Ein fast fehlerfreies Aufbauspiel der Niroomand- Jünger tat ein übriges und warnte den Moerser SC frühzeitig. Doch erst beim ersten Satzball der Charlottenburger (14:11) schienen die Mannen um Trainer Wagner aufzuwachen. Voll konzentriert bogen sie die drohende Niederlage in einen 16:14-Satzerfolg um.
Im zweiten Satz schien der Moerser Spielfaden gerissen. Bis auf 12:3 zogen die Gastgeber davon. Klar ging der Durchgang mit 15:6 an die neun Aufrechten um Trainer/Manager Kaweh Niroomand. Dann trumpfte der neue Meister noch mal kräfigt auf und drehte den Spieß um. Bis zum 9:0 schien kein Kraut gegen die Angriffe des Titelverteidigers gewachsen. Mittelangreifer Bergmann (2,06m) entschwebte bei seinen Angriffen in utopische Höhen, und Unikum Frank Winkler drosch seine Schläge mit altbekannter Wucht ins Berliner Feld. Allein der SCC gab sich nicht geschlagen. Langsam kämpfte sich der Aussenseiter bis auf 9:14 heran und fand wieder zu seinem Spiel, konnte den 9:15-Satzverlust aber nicht verhindern.
Im vierten Durchgang bewies Coach Niroomand eine glückliche Hand, indem er den Linkshänder Mario Göbert einwechselte. Von Zuspieler Thomas Brall geschickt eingesetzt, avancierte Göbert zum wichtigen Angreifer. Ein 15:13-Satzerfolg machte den Tie-Break im fünften Satz notwendig.
Die Geschichte dieses entscheidenden Satzes ist schnell erzählt. Nach 2:0-Führung für die Berliner legt Moers noch mal zu und führt von nun an. Beide Teams spielen fehlerlos bis zum 12:13 für die Gäste. Die SCCler wehren den Angriff des Meisters glücklich ab und gleichen erneut aus. Dann kommt Mario Göbert und spielt den weißen Lederball konzentriert auf den ansonsten sicheren Chang Cheng Liu. Der chinesische Auswahlspieler zeigt Nerven und baggert den Ball in die Zuschauer. Matchball für den SCC. Noch einmal das gleiche Schauspiel mit denselben Darstellern. Und Liu hält dem Druck nicht stand. Der Ball flattert von seinen Armen unerreichbar Richtung Tribüne. Die Sensation ist da, der Meister ausgeschieden. uzi
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