Erdbeeren und Schlagsahne

■ Assoziative Ketten: Heute abend präsentieren die Studenten der Hochschule für bildende Künste im Metropolis ihren Stand der Dinge 2000 in Sachen Film

Selbstgepflückte Erdbeeren sind billiger und schmecken besser als gekaufte. Im alten Land pflü-cken fast nur Rentner mit ihren Enkeln. Sind erstmal ein paar Kilo zusammen, werden sie schön eingefroren, dann kann die Oma nämlich auch im Winter noch einkochen und Erdbeerkuchen backen. Feldforschung zum Thema Erdbeere und Mensch betreiben René Schöttler und Inger Grobbel in ihrem Film selbstgepflückt, einem von elf neuen Projekten, mit denen sich die Filmstudenten der HfbK Hamburg heute abend im Metropolis präsentieren.

Der Film sei total langweilig, „es sei denn, man hat Freude daran, Momente zu beobachten, die scheinbar unbedeutend sind“, schreiben die Macher. Sie haben sicher grinsen müssen, als sie erfuhren, dass der Opa die Erdbeeren lieber doch ohne Schlagsahne isst. Der aktuelle „Stand der Dinge“ der HfbK ist wie immer abwechslungsreich: Längst nicht alles überzeugt. Kleines neben Großem, Animation neben Konstruktion.

Zweifellos überzeugen können Daniela Opps komisch-grausame Knetwesen aus Mutantenzauber oder das Musikvideo zu Knarf Rellöms „Hey! Everybody“ von Charlotte Knothe. Der kleine Knarf singt, zappelt, fliegt und winkt. Außerdem steht er offenbar auf rote Rennwagen und fette Motorräder. Gewohnte Erzählstrukturen finden sich in den Filmen kaum. Es sind eher Momentaufnahmen, Studien oder Experimente.

Was passiert zum Beispiel sieben Minuten lang auf einer Straße? In Straße außen/ Tag ist der Titel der Inhalt, die Form grandios: Mit einer einzigen Kameraeinstellung fangen Katja Frederiksen und Sebastian Poerschke das Erscheinen verschiedener Menschen in einer Art assoziativer Bewegungskette ein. ingedanken4-maleinereise ist mit 18 Minuten der längste Film und bereits in der Reihe Der dokumentarische Blick im NDR gesendet worden. Korstaan Mahal und Jo Zahn offenbaren ihr Konzept mit allen seinen Schwierigkeiten. Fragmente von Bewegung, Gedanken und Träumen ermöglichen einen Einblick in das Leben von Menschen, die sich nicht bewegen können.

Ziemlich aufwendig, wenn auch gewöhnungsbedürftig ist schließlich Joern Gehrleins und Philipp Ma-ckes Hydrophil. Wird Phantasie durch virtuelle Konstruktion beeinflusst? Eine hypnotische Frauenstimme philosophiert zu sphärischer Elektro-Musik über den Genuss, den virtuelle Welten bieten können, über individuelle Wirklichkeit und Schamanismus. Offensichtlich ein Experiment zu Inhalt und Form.

Demnächst soll ein Logo für die Corporate Identity der Filme sorgen. Ein extra Qualitäts-Label hätten sie nicht nötig, finden die Initiatoren, die Filme sollen inhaltlich überzeugen. Ob sie das tun, kann heute abend jeder für sich selbst überprüfen. Isabel Gentsch

heute, 21.15 Uhr, Metropolis