Erdbeben in der Hindukusch-Region: Kollabierte Häuser und Massenpanik
Ein schweres Erdbeben hat Pakistan, Afghanistan und andere Länder heimgesucht. Die große Tiefe der Erdstöße dürfte vielen Menschen aber das Leben gerettet haben.
![Patienten eines Krankenhauses im indischen Jammu brachten sich im Freien in Sicherheit. Patienten eines Krankenhauses im indischen Jammu brachten sich im Freien in Sicherheit.](https://taz.de/picture/749307/14/15102605_jammu_ap.jpg)
Die betroffene Region ist das Dreiländereck von Afghanistan, Pakistan und Tadschikistan.
Die Zahl der Toten allein in Pakistan stieg bis Montagabend (Ortszeit) auf mehr als 150. Die meisten Opfer gebe es in der nordwestlichen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa und in den Stammesregionen an der Grenze zu Afghanistan, sagte ein Sprecher von Premierminister Nawaz Sharif. Viele Menschen wurden von herabfallenden Trümmerteilen getroffen. Das Beben habe länger als eine Minute gedauert und schwere Schäden angerichtet, sagte ein Augenzeuge.
In Afghanistan zählten die Behörden mindestens 69 Tote. In der Provinz Kunar im Osten kamen 42 Menschen ums Leben, 67 wurden verletzt, wie Abdul Habib Sayedkhel, Polizeichef der Provinz, sagte.
In einer Schule in der nordafghanischen Provinz Takhar löste das Beben eine Massenpanik aus, bei der mindestens zwölf Schülerinnen starben. Die Mädchen hätten panisch versucht, ihre Schule zu verlassen, sagte der Chef des Provinzkrankenhauses, Hafisullah Sapai. Dabei seien 39 weitere Schüler verletzt worden. Mindestens sechs Menschen starben in der ostafghanischen Provinz Nangarhar, wie die Polizei mitteilte. Der Gouverneur der Provinz Badachschan sagte, er befürchte, dass mehrere Wohngebiete in dem Berggebiet stark betroffen seien.
Warnung vor Nachbeben
Afghanistans Präsident Ashraf Ghani schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter, er bete für die Opfer. Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah erklärte: „Um weitere Schäden und Opfer zu vermeiden, haben wir die Menschen dazu aufgerufen, im Freien zu bleiben, weil es Nachbeben geben könnte.“
Das Potsdamer Geoforschungszentrum registrierte eine Stärke von 7,5, ebenso die US-Erdbebenwarte. Das Zentrum des Bebens lag rund 70 Kilometer südlich der afghanischen Stadt Faisabad, wo die Bundeswehr bis 2012 ein Außenlager unterhielt.
„Was es günstiger macht ist, dass das Beben sehr tief ist, also 205 Kilometer“, sagte Professor Frederik Tilmann vom Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ). Das Ausmaß der Schäden sei voraussichtlich sehr viel geringer als es 2005 in Kaschmir, „wo wir Zehntausende Tote hatten bei einer ähnlichen Amplitude“.
In Pakistan forderte die Regierung Streitkräfte, Polizisten, lokale Beamte und zivile Helfer dazu auf, alle verfügbaren Kräfte zu mobilisieren. Ein Augenzeuge in Abbottabad berichtete der Zeitung Dawn, in seiner Region seien mehrere Erdrutsche ausgelöst worden.
Beben auch in Neu Delhi
Erdrutsche blockierten auch die Hauptverbindungsstraße zwischen Pakistan und China. Nach Angaben der Verkehrsbehörde steckten tausende Reisende in der abgelegenen Region fest. Auch im Swat-Tal gebe es viele Schäden, schrieb die pakistanisch-kanadische Dokumentarfilmerin Sharmeen Obaid-Chinoy auf Twitter. In der Hauptstadt Islamabad fiel wegen des Bebens das Fernsehen aus.
Im nordindischen Kaschmir brachen die Handy-Netze zusammen. Die Erschütterungen waren bis in die Hauptstadt Neu Delhi und in die nepalesische Hauptstadt Kathmandu zu spüren. Indiens Premierminister Narendra Modi bot den betroffenen Regionen Hilfe an. Er betonte, dies gelte auch für Pakistan – das ist der Erzfeind Indiens.
Fast auf den Tag genau vor einem halben Jahr, am 25. April, gab es ein großes Himalaya-Erdbeben der Stärke 7,8, dessen Zentrum in Nepal lag. Damals starben rund 9.000 Menschen.
Dieser Artikel wurde aktualisiert um 18.50 Uhr.
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