Erdbeben in Türkei und Syrien: 100 Millionen Dollar US-Hilfe

US-Außenminister Blinken verschafft sich vor Ort ein Bild von der Lage im Erdbeben­gebiet. Auch für Syrien wird Unterstützung zugesichert.

Anthony Blinken hilft in Adana Hilfslieferungen auszuladen

Antony Blinken auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Hier kommen Hilfslieferungen aus den USA an Foto: Clodagh Kilcoyne/reuters

BERLIN taz | US-Außenminister Antony Blinken zeigte sich schwer erschüttert. Er könne gar nicht in Worte fassen, wie sehr ihn die katastrophale Lage im Erdbebengebiet in der Türkei und Syrien bedrücke, sagte Blinken am Montag in Ankara. Die Zahl der getöteten Menschen und das Ausmaß der Schäden sei unfassbar, berichtete er während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem türkischen Außenamtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu. Die USA seien bereit, rund 100 Millionen Dollar für humanitäre Hilfe für die Überlebenden des Erdbebens zur Verfügung zu stellen.

Antony Blinken war zuvor am Sonntag zusammen mit Çavuşoğlu mit dem Hubschrauber über die besonders betroffene Region Hatay geflogen, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Außerdem traf er sich in der Türkei mit Vertretern der syrischen Hilfsorganisation Weißhelme, die als einzige Organisation in der an Hatay angrenzenden besonders betroffenen Region Idlib vor Ort ist. Idlib ist die einzige Region, die noch von islamistischen Aufständischen kontrolliert wird und in der mehrere Millionen syrische Binnenflüchtlinge vom Erdbeben betroffen sind. Blinken bedankte sich bei den Weißhelmen für ihren Mut und ihre Einsatzbereitschaft und kündigte größere amerikanische Unterstützung an.

Nach der humanitären Mission ging es dann in Ankara auch politisch zur Sache. Blinken ist seit seinem Amtsantritt als Außenminister vor zwei Jahren nun, anlässlich des Erdbebens, das erste Mal in der Türkei. Auch US-Präsident Joe Biden war noch nie dort und hält auch bei Gipfeltreffen der Nato oder der G20 eher Abstand zum türkischen Präsidenten Erdoğan.

Das Verhältnis der beiden Nato-Partner ist vielfach belastet. Die Türkei beklagt die amerikanische Zusammenarbeit mit der YPG-Miliz der syrischen Kurden, die in Ankara als Ableger der türkisch-kurdischen PKK gilt. Gegen die führt die türkische Armee seit bald 40 Jahren einen sogenannten „Anti-Terror-Krieg“. Außerdem ärgert sich die Erdoğan-Regierung über die indirekte Unterstützung der Gülen-Sekte, deren Führer in den USA lebt und die in Ankara für den Putschversuch im Sommer 2016 verantwortlich gemacht wird.

Nähe zu Russland

Umgekehrt beklagen die USA Erdoğans Nähe zum russischen Präsidenten Putin und konkret vor allem den Kauf des russischen Raketenabwehrsystems S-400. Der Kauf der S-400-Systeme hat dazu geführt, dass die Türkei aus dem Konsortium für den Bau des modernsten Kampfflugzeugs F-35 herausgeflogen ist und sich seitdem darum bemüht, dass die USA wenigstens die Modernisierung der türkischen F-16-Kampfflugzeuge genehmigen.

Blinken ging in Ankara darauf ein und sagte, die Regierung sei für eine solche Genehmigung – aber der Kongress müsse zustimmen. Und vom Kongress gibt es ein Junktim, demzufolge ein Verkauf neuer F-16 und die Modernisierung der vorhandenen erst dann möglich ist, wenn die Türkei den Nato-Beitritt von Schweden und Finnland ratifiziert hat.

Çavuşoğlu bestand zwar darauf, das eine habe mit dem anderen nichts zu tun. Doch beide Seiten wissen, dass der Nato-Beitritt der Skandinavier und der Verkauf der Kampfflugzeuge wohl im Paket verhandelt werden. Auch bei dem anschließenden Gespräch Blinkens mit Präsident Erdoğan ging es hauptsächlich um diese beiden Fragen. Biden flog anschließend weiter nach Athen. Die Griechen sind grundsätzlich dagegen, dass die Türkei Kampfflugzeuge aus den USA bekommt, und ihre Lobby im Kongress hat bereits versucht, den Verkauf davon abhängig zu machen, dass die Flugzeuge nicht im griechischen Luftraum eingesetzt werden dürfen.

Nach Blinken kommen am Dienstag auch die deutsche Außen- und die Innenministerin, Annalena Baerbock (Grüne) und Nancy Faeser (SPD), in die Türkei. Auch die deutschen Ministerinnen wollen sich im Erdbebengebiet ein Bild von der Lage machen und schauen, welche Hilfsgüter am dringendsten gebraucht werden. Außerdem kündigten die beiden an, im Erdbebengebiet in Gaziantep eine provisorische Visastelle einzurichten, an die sich Erdbebenopfer, die vorübergehend zu Verwandten nach Deutschland wollen, wenden können.

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