Epstein-Skandal und Trump: Die fantastischen Zwei
Donald Trumps gute Beziehung zu Jeffrey Epstein ist allseits bekannt. Jetzt könnte sie ihm im aktuellen US-Wahlkampf zum Verhängnis werden.
Vermutlich wird kein Name im Zusammenhang mit Jeffrey Epstein häufiger genannt als Donald Trump. Es gibt unzählige Fotos, Videos, Flugbucheinträge und Anrufprotokolle, die eine enge Verbindung zwischen den beiden Männern belegen. Doch wie eng war sie wirklich? Zu den Details der Beziehung schweigt Trump.
Doch das reicht der republikanischen Basis nicht mehr und das Thema spielt längst eine große Rolle im Wahlkampf. Beispielsweise immer dann, wenn es um die Frage geht, ob Trump die „Epstein-Files“, eine umfangreiche Sammlung von Ermittlungs- und Gerichtsakten zu Epstein und seinen mutmaßlichen Mitwissern, als US-Präsident veröffentlichen würde.
Im Januar 2024 waren mehr als 900 Seiten Gerichtsunterlagen mit Klarnamen von rund 170 zuvor meist anonym behandelten Personen veröffentlicht worden.
Jeffrey Epstein selbst kann zu der Beziehung nichts mehr sagen, er ist tot. 2008 wurde der Investmentbanker wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen zu einer 18-monatigen Haftstrafe verurteilt. Eine vergleichsweise milde Strafe, die er sich in einem Deal ausgehandelt hatte.
Tahir Chaudhry: „Wem diente Jeffrey Epstein?“, Das System aus Macht, Kontrolle und Erpressung, FiftyFifty Verlag, ab 4. 11.
2019 erhob die Staatsanwaltschaft erneut schwere Vorwürfe gegen ihn, darunter der systematische Missbrauch von minderjährigen Mädchen und der Aufbau eines internationalen Sexhandelsrings.
Er würde es tun
Epstein hatte ziemlich viele bedeutende und mächtige Freunde. Ob sie Teil dieses kriminellen Netzwerks sind, ist bis heute ungeklärt. Nur wenige Wochen nach seiner Festnahme wurde Epstein tot in seiner Zelle im Hochsicherheitstrakt des Metropolitan Correctional Center in New York aufgefunden.
Im Juni 2024 wird Trump bei „Fox & Friends Weekend“ gefragt, ob er die Epstein-Files freigeben würde. Zunächst antwortet er: „Ja, ich würde.“ Dann fügte er hinzu: „Ich denke, ich würde es tun.“ Nur um dann zu sagen: „Ich denke, eher weniger … weil man das Leben der Menschen nicht beeinträchtigen will, wenn es sich um gefälschtes Material handelt, denn in dieser ganzen Welt gibt es eine Menge gefälschtes Material. Aber ich denke, ich würde es tun.“
Dieses ausweichende Verhalten ist keine Ausnahme. Als er im September im „Lex Fridman“ auf sein Zögern bezüglich der Freigabe angesprochen wird, bleibt er vage und sagt, er werde „einen Blick darauf werfen.“ Als er auf seine Beziehung zu Epstein befragt wird, antwortet er: „Er war ein guter Verkäufer, ein herzlicher Typ […] Er hatte ein paar nette Vorzüge, wie Inseln.“ Ungefragt spricht Trump den unabhängigen Kandidaten Robert F. Kennedy Jr. an, der seine Kandidatur für Trump zurückzog und zugab, zweimal in Epsteins Flugzeug geflogen zu sein.
Doch trotz aller vagen Aussagen geht Elon Musk – einer von Trumps wichtigsten prominenten Unterstützern – fest davon aus, dass Trump die Dokumente vollständig veröffentlichen würde. Im Interview mit Tucker Carlson sagte er kürzlich: „Ich denke, ein Teil des Grundes, warum Kamala so viel Unterstützung bekommt, ist, dass, wenn Trump gewinnt, die Epstein-Kundenliste öffentlich wird.“
Was wohl Trump von diesem Vorstoß hält, der die mögliche Veröffentlichung der brisanten Liste als Druckmittel im Wahlkampf positioniert? Schließlich fällt die Festnahme und der Tod in die erste Amtszeit von Donald Trump – schon damals blieb er nicht unberührt davon.
Kurz nach Donald Trumps Wahlsieg im November 2016, drei Jahre vor Jeffrey Epsteins Verhaftung, durchlief Alexander Acosta den sogenannten Vetting-Prozess für ein Ministeramt. Dabei wurde sein geheimer Deal von 2007 erwähnt, der Epstein weitgehend schützte.
Laut der Journalistin Vicky Ward erklärte Acosta, er habe Epstein nicht weiter verfolgt, da ihm gesagt wurde, Epstein gehöre „dem Geheimdienst“ an. Diese Antwort schien Trumps Team zu genügen, und Acosta wurde kurze Zeit später zum Arbeitsminister ernannt.
Geheimer Vergleich
Doch als Epstein 2019 verhaftet wird, gerät Acosta zunehmend in den Fokus der Medien. Es wird öffentlich, dass Acosta trotz erdrückender Beweise und Aussagen minderjähriger Opfer die Ermittlungen gegen Epstein eingestellt und stattdessen einen geheimen Vergleich ausgehandelt hatte. Trump verteidigt seinen Arbeitsminister zunächst und hebt hervor, dass Acosta viele Jahre zuvor „einen tollen Job“ gemacht habe.
Unter wachsendem Druck tritt Acosta schließlich im Juli 2019 zurück. Im Nachgang wird deutlich, dass Acosta schwerwiegende Fehler in seinem Umgang mit dem Epstein-Fall gemacht hatte. Ein Bericht des Justizministeriums von 2020 stellt fest, dass Acosta „schlechtes Urteilsvermögen“ bewiesen habe.
Trump versucht, sich von Epstein zu distanzieren und behauptet, den Kontakt Jahre zuvor abgebrochen zu haben: „Wir hatten vor langer Zeit einen Streit. Der Grund dafür spielt, ehrlich gesagt, keine Rolle.“
Dass die beiden eine lange Freundschaft pflegten, ist gut belegt. In einem Porträt des New York Magazine von 2002 beschreibt Trump Epstein, wie folgt: „Ich kenne Jeff seit fünfzehn Jahren. Ein toller Kerl. Es macht viel Spaß, mit ihm zusammen zu sein. Es heißt sogar, dass er schöne Frauen genauso mag wie ich, und viele von ihnen sind von der jüngeren Sorte.“
2019 tauchten Videos aus den 1990er Jahren auf, die zeigen, wie Trump Epstein und Ghislaine Maxwell nach Mar-a-Lago einlädt. In den Aufnahmen sieht man Trump und Epstein gemeinsam tanzen und auf Frauen zeigen, scheinbar im Gespräch über anwesende junge Frauen.
Auch Trumps Beziehung zu Ghislaine Maxwell, die im Dezember 2021 wegen sexuellen Missbrauchs und Menschenhandels zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde, wirft Fragen auf. Maxwell spielte eine zentrale Rolle in Epsteins Missbrauchsnetzwerk, indem sie Mädchen und Frauen für den Missbrauch rekrutierte und ihm half, Verbindungen in die High Society zu knüpfen
Auch in diesem Wahlkampf könnte Epstein erneut zu einer unangenehmen Figur für Trump werden, besonders angesichts seines Anspruchs, als kompromissloser Aufklärer aufzutreten. Nachdem er früher mit dem Slogan „Drain the Swamp“ antrat, um das korrupte Establishment in Washington zu entlarven, hat Trump diesmal versprochen, noch weiter zu gehen.
Bei einer Wiederwahl will er geheime Dokumente über die Anschläge vom 11. September 2001 und die Ermordung von John F. Kennedy veröffentlichen. Die Epstein-Files könnten dabei eine wichtige Rolle spielen, da sie potenziell Verstrickungen hochrangiger Persönlichkeiten in Epsteins Missbrauchsring offenlegen könnten.
Kamala Harris und ihr Team bleibt merkwürdig ruhig
Doch es ist nicht auszuschließen, dass auch weitere Details über die Beziehung von Trump und Epstein ans Licht kommen könnte. In einer Klage von 2016 vor dem Southern District Court of New York wurde den beiden vorgeworfen, ein damals 13-jähriges Mädchen mehrfach vergewaltigt zu haben. Laut der Klage sollen sie das Mädchen in Epsteins New Yorker Residenz mit Versprechungen einer Modelkarriere gelockt haben.
Es wird behauptet, Trump und Epstein hätten darüber gestritten, dass Trump keinen Sex mit Jungfrauen wolle, da dies „Epsteins Job“ sei. Beide wurden zur Gerichtsverhandlung geladen, erschienen jedoch nicht. Der Fall wurde fünf Tage vor den US-Wahlen 2016 von den Anwälten des Mädchens durch eine „freiwillige Einstellung“ abgewiesen – das Ereignis fand in den Medien kaum Beachtung.
Details, die die Demokraten in ihrem Wahlkampf aufgreifen könnten. Doch bei Kamala Harris und ihrem Team bleibt es merkwürdig ruhig, wenn es um den Fall Epstein und Trumps Verwicklungen darin geht.
Möglicherweise aus Sorge, dass auch demokratische Politiker betroffen sein könnten. US-Präsident Bill Clinton, der oft mit Epstein in Verbindung gebracht wird, ist der prominenteste Name. Auch andere wie der ehemalige Gouverneur Bill Richardson und der frühere Senator George Mitchell wurden mit Epstein assoziiert.
Es könnte sein, dass die Demokraten befürchten, dass ein stärkerer Fokus auf den Fall ihnen selbst schaden könnte, falls weitere Verbindungen ans Licht kommen.
Weder US-Präsident Joe Biden noch die Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris haben sich bisher zum Fall Epstein geäußert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland