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Entwurf für InsektenschutzgesetzWiesen als Biotope

Gegen Lichtverschmutzung, für größere Flächen ohne Pestizide: Das Umweltministerium legt einen Entwurf für ein Gesetz gegen das Insektensterben vor.

Das geplante Gesetz soll Insekten vor zu viel Licht schützen Foto: Armin Weigel/dpa

BERLIN taz | Bundesumweltministerin Svenja Schulze will Himmelsscheinwerfer verbieten und pestizidfreie Flächen in der Landwirtschaft vergrößern, um Insekten zu schützen. Das geht aus dem Entwurf für ein Insektenschutzgesetz hervor, das die SPD-Politikerin nun zur Abstimmung im Kabinett vorgelegt hat. Viele Insektenarten sind vom Aussterben bedroht. Als Bestäuber von Pflanzen und Beute für Vögel sowie andere Tiere haben Insekten wichtige Funktionen im Ökosystem.

In Naturschutzgebieten sollen in unbebauten Bereichen nur noch ausnahmsweise neue Straßenlaternen, Wegbeleuchtungen und leuchtende Werbetafeln aufgestellt werden dürfen. In ganz Deutschland sollen solche neuen Lichtquellen sowie die Außenbeleuchtung von Gebäuden künftig Tiere und Pflanzen möglichst wenig beeinträchtigen – Details dazu sollen über eine Verordnung geregelt werden. Diese werde das Umweltministerium spätestens Ende 2022 vorlegen.

Zudem plant das Ministerium ein weitgehendes Verbot von Himmelsstrahlern, die häufig zu Werbezwecken eingesetzt werden und Lichtkegel in den Himmel werfen. Sie sollen in der Hauptvogelzugzeit nicht mehr benutzt werden dürfen. Sogenannte Skybeamer werden oft von Diskotheken genutzt und können kilometerweit leuchten.

Der andere wichtige Punkt sind Gewässerrandstreifen auf Äckern. Landwirte sollen zukünftig, wenn sie Pestizide spritzen, einen Mindestabstand von zehn Metern zu Gewässern einhalten müssen. Falls der Gewässerrandstreifen begrünt ist, sollen auch fünf Meter reichen.

Weniger Insektengifte

Im vergangenen September hat die Bundesregierung das Aktionsprogramm Insektenschutz beschlossen. Jetzt setzt Umweltministerin Schulze mit ihren Schritten Teile davon um. In dem Programm geht es auch darum, bestimmte Wiesen, Streuobstbestände, Steinwälle und unverputzte Mauern künftig als Biotope besonders zu schützen. In Naturschutzgebieten und Nationalparks sollen bestimmte Insektengifte und Holzschutzmittel verboten werden.

Bereits im Herbst 2019 hatten die ersten Meldungen dazu für großen Protest aus der Landwirtschaft gesorgt. Es kam zu Massendemonstrationen, da die Landwirte große Einschränkungen befürchteten.

Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter schätzt, dass es auch bei dem neuen Entwurf zu Auseinandersetzungen kommt. Besonders die Frage nach den zehn beziehungsweise fünf Metern Abstand von Gewässern sieht er als möglichen Hauptdiskussionpunkt.

Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Bauernverbands, bezeichnete den Entwurf als sehr „unausgewogen“. „Bei den Ursachen für den Insektenrückgang wird der Fokus zu sehr auf die Landwirtschaft gelegt“, sagte er.

Streitfaktor Glyphosat

Auch sei erst abzuwarten, welche Vorschläge zum Pestizideinsatz noch kommen. Er ist sich aber sicher: „Pauschalverbote werden auch den Insekten nicht helfen.“ Er verweist damit auf die Diskussion um den Einsatz des Totalherbizids Glyphosat in der Landwirtschaft. Umweltschützer beziehen sich immer wieder auf die negativen Folgen für die Natur.

Hofstetter freut sich über den Entwurf: „Das Umweltministerium hat damit seine Hausaufgaben gemacht“, sagte er. „Jetzt ist es an der Zeit, dass das Landwirtschaftsministerium nachzieht.“ Bei den Pestiziden liege die Zuständigkeit beim Landwirtschaftsministerium. Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) müsse daher Regelungen für die Landwirtschaft aufstellen.

Klöckners Ministerium ließ am Mittwoch allerdings offen, ob zeitgleich mit Schulzes Entwurf auch Gesetze aus dem Agrarressort kommen sollen. Eine Sprecherin sagte, man sei dazu in der Abstimmung, man wolle „das zu einem guten Schluss bringen“. (mit dpa)

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2 Kommentare

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  • Man könnte auch noch ein wenig mehr tun, das einfach zu verwirklichen ist und gleichzeitig viele Menschen finanziell stark entlasten würde.

    Da wäre z. B. die Gartenpflege in vielen Wohnsiedlungen, die man vom gegenwärtig praktizierten Unsinn auf ein gerade notwendiges Minimum zurückfahren könnte. Es muß nicht sein, daß schon beim Aufblühend des ersten Gänseblümchens auf dem zumeist schon lange vermoosten Rasen sofort die Rasenmähkolonne anrückt, um für Höchstpreise die Mieter den ganzen Sommer hindurch mit superlauten Geräten zu beschallen.

    • @wxyz:

      Richtig.



      Ein Verbot von Verbrennungsmotoren in der Garten-und Landschaftspflege wuerde die Einsatzkosten erhoehen und entsprechend weniger wuerden Pflegemassnahmen stattfinden.



      Die Renaturierung, das sich selbst ueberlassen von Parzellen und Landstrichen bleibt oberstes Gebot.