Entspannung auf dem Arbeitsmarkt: Politiker träumen von Vollbeschäftigung
Angesichts sinkender Arbeitslosenzahlen haben mehrere Spitzenpolitiker der Großen Koalition die Vollbeschäftigung im Blick. Doch der Weg dahin ist noch weit - besonders in den neuen Ländern.
Berlin taz Angesichts sinkender Arbeitslosenzahlen haben Politiker der großen Koalition die Vollbeschäftigung zum Ziel erklärt. Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck und sein Stellvertreter Frank-Walter Steinmeier schrieben in einem Aufsatz für die Süddeutsche Zeitung: „Wir wollen die Arbeitslosigkeit nicht nur bekämpfen - wir wollen sie besiegen. Unser Ziel für das nächste Jahrzehnt ist: Vollbeschäftigung in Deutschland zu guten Löhnen und fairen Arbeitsbedingungen.“ Auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla verschickte am Mittwoch eine Erklärung, wonach seine Partei am Ziel der Vollbeschäftigung festhalte. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hattte schon im März gesagt, Deutschland sei auf dem Weg in die Vollbeschäftigung.
Obwohl es erste Anzeichen dafür gibt, dass sich die Konjunktur abschwächt, sank die Arbeitslosigkeit im April. Der Rückgang fiel mit minus 94.000 auf 3,414 Millionen allerdings schwächer aus als im Durchschnitt der letzten Jahre. Der Chef der Arbeitsagentur, Frank-Jürgen Weise, machte dafür aber auch Computerprobleme in seinem Haus verantwortlich. Wegen der Macken im Rechner seien viele Abmeldungen von Leuten nicht registriert, die einen Job gefunden hätten. Im Mai würden diese mitgezählt.
„Die Grundtendenz am Arbeitsmarkt bleibt weiterhin positiv", sagte Weise. Die Arbeitslosenquote ging um 0,3 Prozentpunkte auf 8,1 Prozent zurück. Im Vergleich zum Vorjahr reduzierte sich die Zahl der Menschen ohne Job um 563.000. Weise schätzt, dass sich der Arbeitsmarkt noch weiter entspannt. „Rein rechnerisch ist in einem der Monate September, Oktober und November ein Rückgang auf unter drei Millionen möglich", sagte er. Dies sei vom weiteren Konjunkturverlauf und der Witterung abhängig.
Beck und Steinmeier, beide mögliche Kanzlerkandidaten der SPD für 2009, erklärten: „Wir sehen sogar gute Chancen, in diesem Jahr zum ersten Mal im vereinten Deutschland wieder eine „Zwei" vor dem Komma zu erreichen.“
Unter Vollbeschäftigung verstehen Fachleute meist, dass eine bestimmte Arbeitslosenquote nicht überschritten wird. In der Wirtschaftswunderzeit der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg sprach man bei einer Quote von einem Prozent von Vollbeschäftigung. Inzwischen wird der Begriff auch bei zwei bis sogar fünf Prozent verwendet. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Zahl der Arbeitssuchenden der Zahl der freien Stellen entspricht oder nahe kommt.
In Baden-Württemberg liegt die Arbeitslosenquote bei nur 4,2 Prozent aus, in Bayern bei 4,4 und in Rheinland-Pfalz bei 5,8. Der Landkreis Eichstätt in Oberbayern erreicht einen Spitzenwert von 1,6 Prozent, das oberschwäbische Biberach kommt auf 2,2 Prozent. Anders sieht es in Ostdeutschland aus: Mecklenburg-Vorpommern liegt bei 15,0, Sachsen-Anhalt bei 14,9 und Berlin 14,5 Prozent. Insgesamt war die Arbeitslosenquote in Ostdeutschland mit 13,9 Prozent erneut mehr als doppelt so hoch wie in Westdeutschland, wo sie bei 6,6 Prozent liegt.
Beck und Steinmeier loben die Reformpolitik der SPD aus den vergangenen Jahren. Weitere Reformen für Bildung und Innovationen sowie bessere Aufstiegschancen für Menschen aus sozial schwächeren Schichten seien nötig.
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