Entsorgung in Hemelingen: Angst vor dem Gift

Hemelingen soll nun doch ein Abfall-Zwischenlager bekommen. Die Anwohner laufen Sturm, doch die Baubehörde räumt dem Protest wenig Chancen ein.

So eine Horrorvision wie hier in Freiburg haben die AnwohnerInnen auch in Hemelingen. Bild: dpa

BREMEN taz | In Hemelingen gibt es neuen Streit um das im letzten Jahr eigentlich schon verhinderte Giftmülllager der Firma Pro Entsorga. Es soll nun doch kommen – nur nicht an der Funkschneise, sondern im Industriegebiet am Hemelinger Hafen. Das stinkt den AnwohnerInnen gewaltig. In einer Versammlung im voll besetzten Bürgerhaus machten sie am Donnerstag ihrem Ärger Luft, protestierten mit Schildern wie „Hemelinger Bürger wollen keinen Giftmüll mehr“.

Geplant ist ein Abfall-Zwischenlager für Farben, Lacke, Lösemittel, Säuren und Laugen. Die Hemelinger Bürger hoffen, dass die Genehmigung noch verhindert werden kann. Eine Bürgerinitiative (BI) sammelte 1.226 Unterschriften. BI-Sprecherin Birgit Böcker sagte: „Wir haben ein Recht auf Lebensqualität und deshalb wollen wir diesen Betrieb hier nicht.“ Das Hemelinger Industriegebiet befindet sich nur 280 Meter entfernt von den nächsten Wohnhäusern. Die Bürger hegen diffuse Ängste vor den Abfällen, die vor ihrer Haustür gelagert werden sollen – „für uns sind das Gifte“, sagt Böcker. Nach der erfolgreichen Gegenwehr im letzten Jahr wollen die Hemelinger das Projekt wieder stoppen.

Doch Wolfgang Golasowski, der grüne Staatsrat für Umwelt, Bau und Verkehr, machte ihnen wenig Hoffnung: Der Betreib eines solchen Lagers sei in Industriegebieten erlaubt. Außerdem könne man ein Verbot vor Gericht nicht rechtfertigen. „Wir können jetzt nicht einfach willkürlich dazwischengrätschen“, so Golasowski.

„Lächerlich“, raunt das Publikum. Danach geistern allerlei Gerüchte um die Firma Pro Entsorga durch den Raum: Das Unternehmen habe seit 2009 keine Zertifizierung, mehr Müll gelagert als erlaubt und man wisse nicht, ob der Chef Mohammed Zakaria „seriös“ genug sei. Zakaria selbst sagt: „Das ist Verleumdung.“ Er will sich in Hemelingen ansiedeln, weil Firmen wie Coca Cola, Mercedes oder Kraft Foods ebenfalls dort sitzen. Deren Produktionsreste will er zwischenlagern. Die Stoffe seien „nicht gefährlich“, sagt Zakaria, man müsse sich „keine Sorgen“ machen. „Die Bürger sind nur so wütend, weil die örtlichen Politiker ihnen Angst machen.“

Kritik wird auch an der Baubehörde laut: Der Senat habe nicht genügend Leute, um Betriebe wie den von Zakaria „ordnungsgemäß“ zu prüfen. „Wir sind darauf angewiesen, dass von den Unternehmen wahrheitsgemäße Angaben gemacht werden“, räumt Golasowski ein. „Ich habe Bedenken, ob das reicht“, sagt ein Anwohner.

Das Grundproblem in Hemelingen ist, dass Industrie und Wohngebiet nah beieinander liegen. „Das ist nicht mehr zeitgemäß“, kritisiert Grünen-Politiker Ralf Bohr. „Wir planen das gerade für ganz Bremen um“, sagt Golasowski. Die Bürger in Hemelingen pochen jedoch darauf, dass jetzt etwas getan wird und fordern eine grundsätzliche Aufwertung ihres Stadtteils.

Vorerst verlangen sie eine strenge Kontrolle des umstrittenen Antrags: „Es wäre schön, wenn das Haar in der Suppe gefunden wird und Zakaria hier nicht seinen Giftmüll lagern kann“, so Bohr. In spätestens drei Monaten muss der Antrag entschieden sein.

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