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Entscheidung am Europäischen GerichtshofGleiche Rente für Homopaare

Der Europäische Gerichtshof beendet die Diskriminierung von Lebenspartnern bei der Zusatzversorgung. Die Homopartnerschaft sei mit Hetero-Ehen gleichsetzbar.

Dürfen nicht weniger Rente kriegen: Homosexuelle bei Trauung in Hannover. Bild: ap

FREIBURG taz | Eingetragene HomopartnerInnen müssen bei Besoldung und Rente mit Verheirateten gleichgestellt werden. Dies hat jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg in einem Grundsatzurteil angeordnet. Die Klage war vom Lesben- und Schwulenverband Deutschlands (LSVD) unterstützt worden.

Ausgelöst hat das Urteil der Verwaltungsangestellte Jürgen Römer, der von 1950 bis zum Ruhestand 1990 für die Stadt Hamburg arbeitete. Ab 1969 lebte er mit seinem Freund zusammen, den er nach Einführung der eingetragenen Partnerschaft 2001 heiratete. Römer bekam aber dennoch rund 300 Euro weniger Ruhegehalt, als wenn er eine Frau geheiratet hätte. Die Stadt begründete dies mit Regelungen des Hamburger Zusatzversorgungsgesetzes. Römer klagte vor dem Hamburger Arbeitsgericht gegen die Diskriminierung. Die Hamburger Richter legten den Streit beim EuGH in Luxemburg vor, weil es um die Auslegung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie ging.

Der EuGH stellte nun fest, dass die Ungleichbehandlung unzulässig ist. Die Situation von eingetragenen Homopartnern und Verheirateten sei im Wesentlichen gleich. Insbesondere hätten Homopaare die gleichen Fürsorge- und Unterstützungspflichten wie in einer traditionellen Ehe. Es gebe daher keine Rechtfertigung für unterschiedliche Rentenbezüge, so der EuGH. Römer kann nun rückwirkend zum Dezember 2003 den monatlichen Differenzbetrag von rund 300 Euro nachfordern. Der EuGH wählte diesen Stichtag, weil bis zum Dezember 2003 das EU-Antidiskriminierungrecht in nationales Recht umzusetzen war.

Auch das Bundesverfassungsgericht hatte im Oktober 2009 in einem ählichen Fall bereits zugunsten von Homopartnerschaften entschieden. Damals ging es ebenfalls um die Zusatzversorgung der Pensionäre im öffentlichen Dienst. Allerdings gilt in Hamburg eine Sonderregelung, sodass das Karlsruher Urteil nicht direkt wirkte.

Die Gleichstellung Homosexueller war zunächst vor allem von der Politik ausgegangen: In Deutschland beschloss Rot-Grün 2000 das Gesetz über die eingetragenen Partnerschaften. Auf europäischer Ebene wurde ein Diskriminierungsverbot wegen der sexuellen Orientierung eingeführt.

Eine weitergehende Gleichstellung wurde von den Gerichten zunächst nicht forciert. Diese verwiesen vielmehr auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Erst 2008 forderte der EuGH eine Gleichbehandlung bei gleichen Sachverhalten, überließ die nähere Bestimmung aber zunächst den nationalen Gerichten. In Deutschland rechtfertigte damals der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts noch die Ungleichbehandlung, weil Homosexuelle keine Kinder bekommen könnten. Damit machte aber der Erste Senat des Verfassungsgerichts ein Jahr später Schluss und verlangte Gleichbehandlung. Insofern ist es nur konsequent, dass nun auch der EuGH die Gleichstellung offensiv einfordert.

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8 Kommentare

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  • E
    Eleni

    wie darf man das verstehen singles werden abgestraft?

    Die Zusammenveranlagung wurde für die Männerwelt nach dem Krieg eingeführt damit die leibeigene Frau zuhause bleiben muss, Kind, Küche und Herrscher versorgen.Meines erachtens sollten einfach alle die Kinder haben ,egal welche art von beziehung sie leben einen vorteil haben, immerhin sichern diese Kinder mal die Rente auch derer die keine haben. Somit würde es vielen Familien finanziell besser gehen und die anderen würden mit Recht mehr bezahlen!

    Um diskussionen vorzubeugen ich rede von Familien die eine Steuererklärung machen können aufgrund von eigenem Erwirtschaftetem Geldvermögen.

  • E
    Evante

    Prinzipiell begrüße ich diese weitere Annäherung. Jedoch halte ich das Thema "Splitting / Steuerklasse" für grundsätzlich falsch gelöst.

    Ein "Steuerrabatt" sollte unabhängig von der Partnerschaft (Ehe oder eingetragene L.) gewährt werden, wenn hilfsbedürftige Angehörige (Kinder, Pflegefälle) im Haushalt leben.

     

    So lange da nicht dran gegangen wird, sind eingetragene Lebenspartnerschaften haargenau so zu behandeln wie kinderlose Ehen.

    Natürlich MUSS eingetragenen Partnerschaften das selbe Recht (Pflege / Adoption) zugestanden werden wie Eheleuten.

     

    Fazit: Splitting muss "Kinderabhängig" gewährt werden! Bei Alleinerziehenden sollte man z.b. Eine Steuerklasse anwenden die davon ausgeht, dass ein nicht berufstätiger Partner steuerlich gemeinsam veranlagt ist.

  • B
    B.F.

    Ihr lieben Singles und Homo-Paare

    - wer zahlt einmal Eure Rente und wer pflegt Euch im Alter? Das machen unsere Kinder. Und von denen gibt es immer weniger, weil dieser Staat, diese Regierungen seit 30 Jahren nicht merken, dass sie immer mehr die Ehe unterstützen, aber nicht die Kinder. Und die CDU straft Alleinerziehende ab, weil das ja gefallene Mädchen sind. In welchem Jahrhundert leben wir denn?

    Und wir Frauen? Wir sollen uns bilden und wir wollen die gleichen Jobs - aber irgendwer muss die Kinder aufziehen, aber in Dänemark und Frankreich hätten wir es einfach besser !

    Und als Lehrerin, die ich gerade Aufsätze von türkischen Schülern korrigiert habe - soll das dann unsere Zukunft sein? O Schreck, ich versteh keinen Satz.

  • B
    B.F.

    Die, die diskriminiert werden, sind die Alleinerziehenden: sie bezahlen Steuerklasse II, das ist Steuerklasse I ab 20,--€ im Monat. Jede und jeder kann selbst sein/ihr Gehalt vergleichen bei spiegel.de Brutto-Netto - einfach alle drei Steuerklassen eingeben, I, II 0,5 und TTT - und dann hinsitzen. Und da die Alleinerziehenden so hoch besteuert werden, zahlen sie auch viel mehr Kirchensteuer. Also liebe Frauen, lieber heiraten als Kinder bekommen.

    Das ist gegen die Verfassung: GG Art. 6 Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz des Staate. Wo ist die Leistung der Ehe? Ein Kind aber kann nicht arbeiten gehen; eine Frau, die arbeiten geht und ein Kind erzieht - geht am Stock. Aber das interessiert keine der Parteien.

  • S
    StefanMarc

    Ein sehr gutes Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofes...

     

    Damit ist zukünftig klar, dass bei den Renten keine unterschiedliche Behandlung zwischen homosexuellen und heterosexuellen Paaren erfolgen darf. Jeder Politiker und Jurist weiß nunmehr, dass solche Regelungen, die einseitig heterosexuelle Paare privilegieren vor Gericht keinen Bestand haben.

     

    Was aber nunmehr bei den Renten klargestellt ist und nunmehr auch bei den verpartnerten Bundesbeamten Geltung hat, sollte auch in der Einkommenssteuer gelten.

     

    Deutschland diskriminiert in der Einkommenssteuer massiv homosexuelle verpartnerte Paare, indem Sie bisher vom Ehegattensplitting und vom Steuerklassenwahlrecht ausgeschlossen sind. Wie lange noch werden homosexuelle Menschen seitens des deutschen Staates diskriminiert, indem sie mehr Geld in der Einkommenssteuer zahlen müssen, als heterosexuelle Menschen. Das Einkommenssteuergesetz ist schreiend ungerecht, da dort verpartnerte homosexuelle Paare als Singles gelten.

     

    Derzeit warten homosexuelle Paare auf das Urteil des Zweiten Senates des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe zur Einkommenssteuer.

  • H
    Harald

    Zahlen müssen wieder die Singles.

     

    Singles müssen für Heteropaare zahlen. Das ist ungerecht und sollte abgeschaft werden.

     

    Jetzt müssen Singles auch noch für Homopaare zahlen. Das ist keine Gerechtigkeit sondern die Ausweitung der Willkür.

  • S
    Single

    Heterosexuelle Verheiratete haben ungerechte Priviligien. Diese ungerechten Privilegien auf Homosexuelle auszudehnen schaft keine Gerechtigkeit, sondern benachteiligt Singles weiter.

     

    Das Ziel muss es sein ungerechte Privilegien abzuschaffen und nicht die Gruppe der Empfänger noch zu vergrößern.

  • JR
    Jörg R.

    Endlich, wurde auch Zeit. Europa im Sinne der Globalisierung macht einen Schritt weiter hin zur allgemeinen Gleichheit Aller.

    Armseelig, dass es die Ungleichbehandlung nach Gesetz bis ins 21. Jahrhundert noch gibt!