piwik no script img

Entschädigung für Luftangriff-OpferDrei Millionen Euro vorgesehen

Afghanische Politiker begrüßen den Willen der Bundesregierung, die Opfer des Angriffs auf zwei Tanklaster bei Kundus zu entschädigen. Oppostion sieht Minister Guttenberg durch die Affäre beschädigt.

Drei Monate nachdem hier Zivilisten den Tod fanden, dürfen ihre Hinterbliebenen endlich auf Kompensation hoffen. Bild: dpa

HANNOVER dpa | Die Bundesregierung will Opfer und Hinterbliebene des Luftangriffs in Afghanistan einem Zeitungsbericht zufolge mit drei Millionen Euro entschädigen. Diese Summe werde im Verteidigungsministerium eingeplant, berichtet die Hannoversche Allgemeine Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise. Details sollten in den kommenden Tagen mit einem Rechtsanwalt ausgehandelt werden.

Das Verteidigungsministerium hatte sich am Montag an den deutsch-afghanischen Anwalt der Angehörigen von Opfern, Karim Popal, gewandt. Der Anwalt hat nach eigenen Angaben 78 Vollmachten von Hinterbliebenen des Luftschlags vom 4. September, bei dem nach NATO- Angaben bis zu 142 Menschen getötet und verletzt worden waren - darunter viele Zivilisten. Ein deutscher Oberst hatte die Bombardierung zweier von Taliban entführter Tanklastwagen im nordafghanischen Kundus angeordnet.

Der langjährige afghanische Wiederaufbauminister Amin Farhang begrüßte die Ankündigung der Bundesregierung für Geldzahlungen. "Eine angemessene Entschädigung wäre eine gute Entscheidung. Sie wird das Verhältnis zwischen Deutschland und Afghanistan wieder verbessern. Es war durch den Luftangriff etwas getrübt", sagte Farhang dem Kölner Stadt-Anzeiger. Die betroffenen Familien seien oft sehr arm und hätten nun "ihre Brotverdiener verloren".

Anwalt Popal hatte einen Entschädigungsfonds ins Gespräch gebracht, der zumindest das Existenzminimum der Verletzten und der Familien der Toten sichere. Am Mittwoch will Popal erneut nach Afghanistan reisen, um sich mit seinen Mandanten zu treffen. Der Anwalt hatte zuvor erklärt, er hoffe auf eine außergerichtliche Einigung mit der Bundesregierung. Scheitere dies, wolle er auf Schadenersatz wegen fehlerhaften und grob fahrlässigen Verhaltens der Bundeswehr klagen.

Maßgeblich für die Bereitschaft der Regierung, nun schnell für zivile Opfer zu zahlen, dürfte die Kehrtwende von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in der Bewertung des folgenschweren Luftangriffs vom 4. September in Afghanistan gewesen sein. In der vorigen Woche war er zu dem Schluss gekommen, dass die Bombardierung auf deutschen Befehl "militärisch nicht angemessen" war. Er korrigierte sich, nachdem er Berichte der Bundeswehr gelesen hatte, die ihm nach eigenen Angaben vorenthalten worden waren.

Zwar hatte der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) schon wenige Tage nach dem Angriff im Bundestag erklärt, sein Haus werde sich um die Angehörigen "kümmern", falls es zivile Opfer gegeben habe. Allerdings räumte dann kein Regierungsmitglied ein, dass unter den Toten Unbeteiligte waren - weder vor der Bundestagswahl am 27. September noch in den ersten Wochen danach. Wer auch immer sich äußerte - von Jung bis Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) - blieb im Ungefähren.

Nach Ansicht der Opposition ist inzwischen auch der als Verteidigungsminister glänzend gestartete Guttenberg durch die Affäre beschädigt. Auf die Frage, ob Guttenberg noch das volle Vertrauen der Kanzlerin habe, verwies Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag schlicht auf seine Stellungnahme vom Freitag. Die lautete, dass Merkel die Neubewertung des Verteidigungsministers "gut nachvollziehen" könne. Auf die Frage, ob Guttenberg nicht schon durch den NATO-Bericht zu einer kritischen Bewertung des Angriffs hätte kommen können, antwortete Wilhelm: "Ich kann das selbst nicht bewerten (...). Ich glaube, dass der Bundesverteidigungsminister mit überzeugenden und guten Gründen dargelegt hat, wie er zu seinen jeweiligen Einschätzungen gekommen ist."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

10 Kommentare

 / 
  • KK
    Klaus Keller

    Schweigegeld, damit die Angehörigen nicht als Nebenkläger in Erscheinung treten.

    Dieser Bürgerkrieg, oder was auch immer es ist verändert unsere Gesellschaft.

     

    oder waren wir schon immer so verlogen und verdrängen es nur gerne.

     

    Herr Pierer wird verurteilt weil er Bestechungsgelder zahlte, unsrere Regierung zahlt Schweigegelder an die Agehörigen der Opfer.

     

    Freiwillig zahlt die Bundesregierung keinen Cent, wenn sie es dennoch tun weis sie warum.

     

    So vor nicht allzu langer Zeit 20.000Dollar an die Hinterblieben einer von einem dt.Soldaten versehentliche erschossenen Frau mit ihren Kindern an einem Kotrollpunkt.

     

    klaus keller hanau

  • KK
    Klaus Keller

    20.000Euro wurden so weit ich weis gezahlt nachdem ein deutescher (Ober?)Feldwebel versehentlich eine Frau und 2 Kinder erschossen hat.

    Angeblich kein Schuldeingeständnis aber vielleicht eine Bestechungszahlung um die Angehörigen nicht als Nebenkläger vor deutschen oder internationalen Gerichten zu sehen.

     

    Die Oposition sieht also den Minister beschädigt!

    Was wußte Steinmeier als Außenminister von diesem Vorgang?

    Wurden die Einsatzgrundsätze in Frage gestellt wenn man schon nicht den ganzen Einsatz unterbindet?

    Nach meiner Wahrnehmung gab es eine breite Zustimmung für die Verlängerung des Einsatzes durch den Bundestag mit der Wahrscheinlichkeit das sich solches wiederholt.

    Oder gibt es irgendwelche Maßnahmen die sicherstellen das dies nicht passiert?

     

    Trittin hat sich aufgeregt im Sinne von:der "schöne" Friedenseinsatz wird beschmutzt. Da schickt auch er Soldaten in einen scheiß Krieg und wundert sich das irgendwann Dreck an ihnen haftet.

     

    Wer als Minister auf dem Sessel sitzt ist aus meiner Sicht fast egal, die Mehrheit des dt. Bundestages ist für diesen Mist verantwortlich.

     

     

     

    klaus keller hanau

  • M
    moslaemm.wordpress.com

    Alta, seid Ihr Doische aber ächt billitsch weggekommen, wa.

    Wichsen sich eure schaisndreck PI-Nazis trossdem einen ab un jammern Ohre voll mit "Jaaaa, da haben es die Musels schon wieder geschafft, den armen deutschen Michel an den Welt-Pranger zu stellen!"

    Klar, wenn Ihr nisch könnt eure mörderische SS-Oberleutnants unter Kontrolle halten ....

  • A
    awa

    @Anneliese

     

    Wow was für ein glänzener Vorschlag! Wir richten unser Verhalten in Afghanistan nach den Standarts der US-Armee... Eine Entschädigung für die Opfer ist selbstverständlich, unsere Soldaten sind dort an Tötungen von Unschuldigen Zivilisten beteiligt ob man das dann Kolleteralschaden oder sonstwie nennt - und dass, ohne das wir angegriffen wurden, ach ich vergaß - wir verteidigen dort ja unsere Freiheit. Frieden lässt sich niemals herbeibomben!

  • SW
    stanley williams

    selten so dumme kommentare gelesen...

     

    "Das ist ein Krieg, es ist garnicht zu unterscheiden, wer von den Toten Zivilist und wer ein Feind war."

     

    sehr witzig. erstens geht das ganz gut, zweitens hätte man nicht zu schießen, wenns anders wäre...

     

    ".....Angelegenheit gibt es nur zwei Parteien die lachen: die Taliban und der Anwalt"

     

    schick mir ein foto von der party.... tststs

     

    "Komisch, das man noch nie von Entschaedigungs-Zahlungen der US Regierung gehoert hat"

     

    nee? na ich schon... und das nicht zu knapp.

    man sollte sich damit erst befassen und dann urteilen...

     

     

    und irgendwie kommt der "deutsche michel" mal wieder auf fragen über fragen, nur die richtige ist nicht dabei.....

  • A
    Amos

    Das deutsche Duckmäusertum nimmt kein Ende. Man stelle sich vor, der Deutsche Oberst hätte nichts

    unternommen und Deutsche Soldaten wären ums Leben

    gekommen. Wären die deutschen Familien auch so entschädigt worden? Wenn man schon Krieg in Gefilden

    führt,wo man nichts zu suchen hat muss man auch mit

    Konsequenzen rechnen. Pappnasen!

  • A
    Anneliese

    Hat die Welt-Oeffentlichkeit es mal wieder geschafft, dem deutschen Michel ein schlechtes Gewissen einzureden?

     

    Komisch, das man noch nie von Entschaedigungs-Zahlungen der US Regierung gehoert hat. Bevor wir zahlen, sollten die USA mit gutem Beispiel vorangehen, deren Gesamtsumme an Kollateralschaeden ist wohl deutlich groesser.

  • WC
    Werner Conrad

    Ja wer denn!?

    Wer ist ein "ziviles Opfer"? Gab es diese Person überhaupt? Ist sie tatsächlich tot? Wo ist die Leiche? Was erhält dieser Rechtsanwalt?

    Wieviele tote Zivilisten gab es tatsächlich?

    In dieser ganzen Angelegenheit gibt es nur zwei Parteien die lachen: die Taliban und der Anwalt.

    Brüllendes Gelächter in der ganzen Welt über die dummen Deutschen!!!

  • F
    Feinfinger

    Teilen wir 3 Millionen € durch 142, dann kommen wir auf die Summe von 21126 € und 76 Ct. Ist das der Preis, für den Offiziere und Minister ihre Mütter und Kinder verkaufen? Und wer zahlt das Geld? Wird es den Verantwortlichen aus der Privatschatulle genommen? Wird das von Steuergeldern bezahlt? Wird es vom Verteidigungs-(wohl besser Kriegs)-haushalt abgezogen?

    Der Mensch ist und bleibt ein rohes Tier. Nur einige sind roher, auch wenn das Gewand feiner wird.

  • D
    DreckigerKapitalist

    Blöder gehts ja wohl nicht mehr. Das ist ein Krieg, es ist garnicht zu unterscheiden, wer von den Toten Zivilist und wer ein Feind war.