Entmachtung des Parlaments in Venezuela: Ende der Gespräche

Die Opposition ist schon länger machtlos gegen Präsident Maduro. Die Entmachtung des Parlaments ist ein weiterer Schritt Richtung Diktatur.

Ein Unterstützer der Opposition hält die venezolanische Flagge hoch und guckt kampflustig

Flagge zeigen hat der Opposition in Venezuela wenig genützt – sie wird systematisch entmachtet Foto: reuters

Die Entmachtung der Nationalversammlung durch den Obersten Gerichtshof ist das offizielle Ende der Gewaltenteilung in Venezuela. Faktisch herrschte Präsident Nicolás Maduro schon lange wie ein alleiniger Machthaber. Seit die politische Opposition die Parlamentswahlen im Dezember 2015 gewann und in der Legislative über eine Zwei-Drittel-Mehrheit verfügte, suchte die Exekutive den Weg, diese auszubooten.

Der erste Schritt war die Neubesetzung des Obersten Gerichtshofs mit einer Mehrheit von loyalen RichterInnen. Damit stand es bereits seit Anfang 2016 zwei zu eins für den Präsidenten, denn die höchstrichterliche Marionettentruppe erklärte jegliche Entscheidung des Parlaments für ungültig.

Die Opposition ist machtlos. Auch wenn sie die richterliche Anordnung einen Staatsstreich nennt und von einer Diktatur spricht, war bereits in der Vergangenheit eindeutig die Richtung zu erkennen, in die das Zusammenspiel zwischen Präsidenten und RichterInnen wies. Machtlos stand die Legislative den weitreichenden Vollmachten gegenüber, die sich der Präsident ebenfalls Anfang 2016 per Dekret einräumte und deren Gültigkeit er seither regelmäßig verlängert.

Für die oppositionellen Abgeordneten ist es denn auch weitaus gefährlicher, dass der Oberste Gerichtshof am Tag zuvor ihre Immunität in Frage stellte. Vor ihrer gänzlichen Entmündigung hatten sich die Abgeordneten noch mehrheitlich für Sanktionen der Organisation Amerikanischen Staaten (OAS) gegen die Regierung ausgesprochen. Im Eilverfahren kassierten die Obersten RichterInnen den Beschluss der Abgeordneten und ließen zugleich eine Revision ihrer Immunität zu, die nichts anderes als einen Freibrief für das Vorgehen des Präsidenten gegen unliebsame ParlamentaierInnen darstellt.

Niemand sollte sich wundern, wenn demnächst einige MandatsträgerInnen statt im Plenarsaal in Knast sitzen werden. Die Entscheidungen des Obersten Gerichts fielen nach der OAS-Ratssitzung am vergangenen Dienstag, bei der die venezolanischen Diplomatie zwar nicht verhindern konnte, dass über die innenpolitischen Situation in dem Karibikstaat diskutiert wurde, die aber ohne jegliche gemeinsame Erklärung oder gar Sanktionen zu Ende ging. In ihren Einzelstatements forderten die Botschafter der 33 teilnehmenden Staaten zwar zur Anerkennung des Parlaments zum Dialog auf. Doch stellt sich jetzt die Frage, wer überhaupt noch mit wem reden soll?

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Kommt aus Karlsruhe. Studierte Politische Wissenschaft in Hamburg und Berlin und arbeitete zwölf Jahre als Redakteur und Geschäftsführer der Lateinamerika Nachrichten in Berlin. Seit 2005 lebt er in Buenos Aires. Er ist Autor des Reisehandbuchs “Argentinien”, 2024, Reise Know-How Verlag.

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