piwik no script img

Entführung in TripolisLibyens Ministerpräsident gekidnappt

Ali Seidan ist von noch unbekannten Tätern verschleppt worden. Die Regierung Libyens geht im Fall der Entführung allerdings von einem Akt zweier Ex-Rebellen aus.

Ali Seidan im September bei der 68. Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York. Bild: dpa

TRIPOLIS afp | Unbekannte haben den libyschen Ministerpräsidenten Ali Seidan entführt. Der Chef der Übergangsregierung sei am Donnerstagmorgen in Tripolis von einer Gruppe bewaffneter Männer verschleppt worden, teilte die Regierung mit. Bei den Tätern handele es sich mutmaßlich um ehemalige Rebellen. Seidan, ein langjähriger Gegner des früheren Machthabers Muammar al-Gaddafi, war vor einem Jahr zum Regierungschef gewählt worden.

Der libysche Ministerrat kam zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Auch das Parlament werde sich mit der Lage befassen, hieß es. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, Ruhe zu bewahren. Die Regierung verdächtigte zwei Gruppen ehemaliger Rebellen, hinter der Tat zu stehen: die „Kammer der Revolutionäre Libyens“ und die „Kampfbrigade gegen das Verbrechen“, die theoretisch dem Verteidigungs- beziehungsweise dem Innenministerium unterstehen.

Aus dem Büro des Ministerpräsidenten verlautete, Seidan sei aus dem Hotel „Corinthia“, in dem er residiert, entführt worden. Ein Hotelangestellter sagte der Nachrichtenagentur AFP: „Viele bewaffnete Männer sind am frühen Morgen eingedrungen. Aber wir haben nicht verstanden, was vor sich ging.“

Seidan hatte zu Amtsbeginn den Aufbau einer neuen Armee als eine seiner vordringlichen Aufgaben benannt. Ein Jahr danach kommt der Aufbau der neuen Armee und Polizei aber nur langsam voran. Am Montag besetzten dutzende Soldaten den Amtssitz von Seidan, um die Auszahlung ausstehender Löhne zu fordern. Medienangaben zufolge warten sie seit Monaten auf ihren Sold.

Seit dem Sturz und Tod Gaddafis im Oktober 2011 kommt Libyen nicht zur Ruhe. Zahlreiche frühere Rebellenmilizen weigern sich, ihre Waffen abzugeben und versuchen mit Gewalt, ihren Forderungen Gehör zu verschaffen. Wiederholt belagerten bewaffnete Demonstranten Behörden, Ministerien und das Parlament. Zudem liefern sich die Milizen sowie rivalisierende Stämme immer wieder blutige Kämpfe.

Am Samstag hatten US-Spezialkräfte in Tripolis den mutmaßlichen Al-Kaida-Planer Abu Anas al-Libi festgenommen und auf ein in der Region kreuzendes Kriegsschiff gebracht. Der libysche Staatsangehörige ist vor einem US-Bundesgericht in New York angeklagt. Die USA werfen ihm Beteiligung an den Anschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania im Jahr 1998 mit mehr als 200 Toten vor.

Libyens Regierung hatte von einer „Entführung“ gesprochen und das Vorgehen der USA als Verletzung des Völkerrechts verurteilt. Tripolis bestellte die US-Botschafterin in Libyen ein und verlangte, dass al-Libi in seinem Heimatland der Prozess gemacht werden müsse.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Das Libysch-Amerikanische Auslieferungsabkommen...Ein faires Verfahren war das, wenn die TAZ erlaubt, sicher auch nach libyschen Verhaeltnissen nicht wenn nicht erst Recht!