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Entführter vietnamesischer Ex-PolitikerNeuanfang im Interesse der Wirtschaft

Wirtschaftsminister Altmaier empfängt den vietnamesischen Außenminister. Die neue Normalität könnte Trinh Xuan Thanhs schaden.

Trinh Xuan Thanh wurde aus Berlin entführt und in Vietnam zweimal lebenslänglich verurteilt Foto: dpa

Berlin taz | Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat diese Woche einen lange nicht mehr gesehenen Gast empfangen: Vietnams Außenminister Pham Van Minh. Es geht um die Interessen der deutschen Wirtschaft auf dem vietnamesischen Wachstumsmarkt. Es geht um junge Vietnamesen, die von der Pflegebranche, der Fleischwirtschaft und dem Hotelgewerbe nach Deutschland geholt werden sollen. Es geht um 13,8 Milliarden Euro – so hoch war das gegenseitige Handelsvolumen im vergangenen Jahr.

Aber Moment, Vietnam? War da nicht was? Richtig. Im Sommer 2017 hatte der vietnamesische Geheimdienst den nach Berlin geflohenen Ex-Politiker Trinh Xuan Thanh aus Berlin nach Hanoi entführt. Er wurde zu zweimal lebenslangen Haftstrafen wegen Misswirtschaft verurteilt, die er nun absitzt. Berlin hatte daraufhin die zwischenstaatlichen Beziehungen bis auf das absolut Notwendigste gekappt und die „strategische Partnerschaft“ mit Vietnam ausgesetzt.

Auch Politikerbesuche fanden nicht mehr statt, es sei denn, es ging genau um dieses Thema. Bis im vergangenen November wieder alles gut schien. Vietnams Botschafter freute sich vor Berliner Vietnamesen, dass die Bundesregierung seinem Land mehr diplomatische Normalität zugesagt hatte, als er zu träumen gewagt hätte. Und es hieß aus diplomatischen Kanälen: Hanoi wolle Trinh Xuan Thanh nach Berlin zu seiner Familie schicken. Bis Ende 2018 sollte Thanh eigentlich hier sein. Aber er sitzt immer noch in Hanoi in Haft.

„Ungeheuerlich“ findet der CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt, dass die Bundesregierung in den zwischenstaatlichen Beziehungen wieder zur Tagesordnung überging, „ohne dass Hanoi eine erkennbare Reaktion auf die deutsche Forderung zeigt, Trinh Xuan Thanh nach Berlin zu schicken“.

Bisher keine Haftbesuche von Bundesregierung

Patzelt wandte sich deswegen im Januar an Außenminister Heiko Maas (SPD). Der habe ihm geantwortet, die Bundesregierung hätte sich immerhin erfolgreich dafür eingesetzt, dass gegen das Entführungsopfer keine Todesstrafe verhängt wird. Sie habe erreicht, dass internationale Beobachter den Prozessen gegen Thanh beiwohnen dürfen und dass er von seiner Familie sowie von Anwälten Besuch empfangen darf – keine Selbstverständlichkeit in vietnamesischen Haftanstalten. Patzelt zufolge bemühte sich ein Vertreter der Bundesregierung seit Langem um einen Haftbesuch – bisher leider vergeblich.

Auch Thanhs Anwältin Petra Schlagenhauf fordert „mehr Druck des Auswärtigen Amtes auf Vietnam als den, der für mich sichtbar wird. Mein Mandant muss nach Deutschland freigelassen werden.“ Letzten Sommer klang die Juristin noch anders. „Ich unterstütze alles, was das Auswärtige Amt für meinen Mandanten tut und noch tun wird“, hatte sie damals verschiedenen Medien gesagt.

Peter Altmaier will dieses Jahr noch mit Vertretern der Wirtschaft nach Vietnam reisen, um Verträge abzuschließen. Sind die Bemühungen um Freilassung des Entführungsopfers also gescheitert, weil der Bundesregierung die Interessen der deutschen Wirtschaft in dieser Wachstumsregion wichtiger sind?

Während im vergangenen Sommer und Herbst noch viele Indizien für eine baldige Rückkehr von Thanh nach Deutschland sprachen, gibt es derzeit lediglich ein einziges: Er sitzt in Hanoi noch immer in der Untersuchungshaftanstalt T 14. Normalerweise werden Strafgefangene nach ihren rechtskräftigen Urteilen in andere Haftanstalten verlegt. Es sei denn, es wird über eine Freilassung in einen anderen Staat verhandelt.

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