Energiewirtschaft: Strom knapp drei Prozent teurer
Machen die Erneuerbaren Energien den Strom teurer? Ja, sagt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Die Grünen sprechen von "Stimmungsmache".
BERLIN taz | Die Strompreise für Privathaushalte sind im ersten Halbjahr dieses Jahres um durchschnittlich 2,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Ein Drei-Personen-Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden zahlt demnach 69 Euro pro Monat. Das hat eine aktuelle Untersuchung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ergeben.
Der Verband macht dafür auch die Förderung der regenerativen Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verantwortlich. "Allein die Belastungen aus der EEG-Umlage werden für die Kunden von rund 5,3 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf voraussichtlich 8,2 Milliarden Euro in diesem Jahr steigen", so Verbandschefin Hildegard Müller. Zudem stiegen die Kosten, die für den Ausbau der Stromnetze erforderlich seien und durch die Netzentgelte auf den Strompreis umgelegt würden.
Der Anstieg der Lasten aus dem EEG hat nach Ansicht des Verbandes drei Ursachen: Erstens werde wegen des starken Zubaus neuer Photovoltaik-Anlagen in diesem Jahr mit einer höheren Vergütungssumme für EEG-Strom gerechnet. Zweitens müsse die Differenz zwischen dem an der Börse erzielten Preis und der garantierten Vergütung an die EEG-Stromerzeuger ausgeglichen werden. Weil der Strompreis durch die Wirtschaftskrise gefallen sei, steige diese Differenz. Und drittens flössen Kosten, die durch den Ausgleich des unregelmäßig eingespeisten EEG-Stroms entstünden, in die EEG-Umlage ein, die alle Verbraucher letztlich bezahlen müssen.
Der Bundesverband Erneuerbare Energie kritisierte den BDEW. Eine reine Betrachtung der Strompreise lasse keine seriöse Bewertung der erneuerbaren Energien zu, sagte Verbandssprecher Ronald Heinemann. Jeder in diesem Bereich investierte Euro bringe erheblichen volkswirtschaftlichen Nutzen in Deutschland. So hätten die Erneuerbaren im Jahr 2009 versteckte Kosten in Höhe von rund 8 Milliarden Euro vermieden - das seien Kosten für Klima-, Umwelt-, Gesundheits- und Materialschäden, die durch fossile und atomare Brennstoffe entstanden wären, aber im Preis dieser Technologien nicht enthalten seien. Zudem seien Brennstoffimporte im Wert von 5,1 Milliarden Euro eingespart worden.
Die Grünen-Fraktionsvizechefin Bärbel Höhn warf dem BDEW Stimmungsmache vor. Seit 2008 seien die Großhandelspreise für Strom um 30 bis 40 Prozent abgesackt. "Das wird nicht an die Kunden weitergegeben." Wegen der gesunkenen Großhandelspreise dürfte es zum nächsten Jahr keine Preiserhöhungen geben. "Die erneuerbaren Energien werden immer mehr als unrechtmäßiger Erhöhungsgrund missbraucht."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW