Energiewende: Bohren für die Wärmewende

Berlin bereitet sich auf die Energie- und Wärmewende vor. Die Geothermie soll einen wesentlichen Beitrag zur grünen Wärmeversorgung liefern.

Geothermie-Anlage

Für die Umweltsenatorin ist die Geothermie ein „leidenschaftliches Thema“ Foto: Jens Büttner/dpa

BERLIN taz | Er beginne Veranstaltungen immer gerne mit einem vom Publikum zu vollendenden Satz, sagt Jörg Lorenz, Vorstandsvorsitzender von CO2zero, am Montag. „Die beste Energie ist die Energie, die…?“ – „…man nicht braucht“, beendet ihn das Publikum. „Kernenergie!“, scherzt ein Gast.

Die Stadtgesellschaft hat sich an diesem Tag durch Hagelsturm und Bauernproteste geschlagen, um im Glaskasten der Industrie- und Handelskammer (IHK) über die Gestaltung einer nachhaltigen Energie- und Wärmewende in Berlin zu diskutieren. „15 Millionen Tonnen stößt die Hauptstadt jährlich an CO2-Emissionen aus“, sagt Verkehrs- und Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU).

40 Prozent der CO2-Emissionen in Berlin entstünden laut Schreiner im Gebäudesektor, der damit der größte Verursacher sei. 30 Prozent mache der Verkehrssektor aus. Tendenz steigend. „Das ist der Bereich, in dem wir am meisten hinterherhinken“, sagt Schreiner. Da müsse man „Tempo und Turbo reinbringen“.

Auch der Wirtschaftssektor trage maßgeblich zu den Emissionen bei. 3,3 der 15 Millionen jährlich ausgestoßenen Tonnen CO2 sind auf ihn zurückzuführen. Der, so Schreiner, „wichtigste Bereich“ sei jedoch aktuell der Energiesektor. Die Berliner Strom- und Wärmeversorgung basiere zu mehr als 90 Prozent auf fossilen Energieträgern.

Um die Emissionen der Sektoren in den Griff zu bekommen, hatte der rot-grün-rote Vorgängersenat vor gut einem Jahr die Fortschreibung des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms (BEK) beschlossen. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen in der Hauptstadt um 70 Prozent reduziert werden. Bis 2045 soll Berlin klimaneutral werden. Technisch und wirtschaftlich sei die „komplette Umstellung der Berliner Wärmeversorgung“ möglich, sagt Schreiner. Es bedürfe jedoch enormer gemeinschaftlicher Kraftanstrengungen.

Geothermie soll zur Wärmewende beitragen

Für die Umsetzung sei man angewiesen auf die Potenziale erneuerbarer Wärmequellen: Geo-, Solar-, Windthermie oder Flusswasserwärme. Vor allem die tiefe Geothermie soll Schreiner zufolge einen wesentlichen Beitrag zur Wärmeversorgung leisten.

Dabei handelt es sich um im Inneren der Erde gespeicherte Wärme, die freigesetzt wird und dabei auch das Grundwasser erwärmt. Durch Bohrungen wird es an die Oberfläche gepumpt und kann dann zur Erzeugung von Strom genutzt werden, bevor es in das Tiefenreservoir zurückfließt.

Die „entscheidenden Vorteile“ der Geothermie gegenüber anderen erneuerbaren Wärmequellen, seien laut Schreiner, dass sie kein CO2 freisetze, grundlastfähig und versorgungssicher sei. Sie verursache keine Lärm- oder Abgasbelastungen, habe geringe Betriebskosten und sei auch in dicht bebauten Gegenden einsetzbar. „Damit ist sie ideal für unsere Stadt“, sagt die CDU-Politikerin.

Das einzige Problem: die hohen Anfangskosten. In­ves­to­r*in­nen schreckten vor den kostspieligen Bohrungen oftmals zurück, aus Sorge, nicht auf ein geeignetes Wasserreservoir zu stoßen. Das Land Berlin selbst fördert zugleich bereits 3 millionenschwere Probebohrungen, unter anderem am Campus Buch – dem „innovativen Vorzeigeprojekt der Wärmewende in Berlin“. In den kommenden Jahren plant Schreiner 9 weitere Probebohrungen.

Jörg Lippert vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) unterstützt die Bestrebungen des Landes. Der größte Wirkungshebel werde jedoch noch immer vernachlässigt: „der Sektor Mensch“. „Technisch ist alles möglich, aber die gesellschaftliche Akzeptanz für die resultierenden notwendigen Aufwendungen ist nicht da“, sagt Lippert. „Die Energiewende muss für die Nut­ze­r*innen bezahlbar sein.“

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