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Archiv-Artikel

Energiewende braucht eine Lobby

Im verminten Gelände der Energiepolitik macht die Deutsche Energieagentur (Dena) einen guten Job. Eine Replik auf den Text „Wichtig, aber erfolglos“, taz vom 30. 10.

Der Tätigkeitsbereich der Dena reicht nicht aus, um den Weg zur Solarwirtschaft zu ebnen

Johannes Lackmann, Uwe Leprich und Werner Neumann sind bekannte Namen in der „alternativen“ Energieszene. Wenn sie sich gemeinsam zur Deutschen Energieagentur (Dena) äußern, darf man gespannt sein.

Die Ausführungen der Autoren zur Präsenz von Dena und ihrem Geschäftsführer in der Öffentlichkeit sind allerdings befremdend: Der Vorwurf, der Dena-Chef sei „omnipräsent“, ihren eigentlichen Zweck erfülle die Dena damit aber nicht, ist nicht haltbar. Es ist die Aufgabe eines Dena-Chefs, seine Institution und ihre Aufgaben so „omnipräsent“ wie möglich zu vertreten. Zu unterstellen, irgendjemand käme auf die Idee, damit erschöpfe sich der „Zweck“ der Dena, ist absurd. Es ist kontraproduktiv, wenn die Dena als einzige bundesweit institutionalisierte Stimme der Energieeffizienz und Energiewende solcherart kritisiert wird. Man muss nicht mit jeder Stellungnahme von Stephan Kohler einverstanden sein, um feststellen zu können: Im verminten Gelände der Energiepolitik und im Spannungsfeld widerstreitender Interessen macht er einen guten Job. Nicht die Dena ist das Problem, sondern ihr durch die Politik begrenzter Arbeitsauftrag, ihre zu geringe öffentliche Finanzausstattung, und – da haben die Autoren Recht – ihre zu enge Leinenführung am Gängelband von Anbieterinteressen. Denn in Worten sind alle für mehr Energieeffizienz, aber in Taten ist auch die rot-grüne Energiepolitik vom dem ursprünglich einmal proklamierten „Vorrang der rationellen Energienutzung vor der Erzeugung“ noch weit entfernt. Anders als die gut organisierten Energieanbieter hat die ungleich größere, aber sehr heterogene Gruppe der Hersteller und Nutzer von Effizienztechniken keine Lobby. Mindestens 30 Prozent des Strom- und Wärmeverbrauchs könnten wirtschaftlich rentabel eingespart werden. Mit einem entsprechend ausgeweiteten Auftrag und Budget könnte die Dena in Kooperation mit den regionalen Energieagenturen diese Lobby-Rolle übernehmen.

Zielgruppenorientierte und technikspezifische Information ist dabei eine grundlegende Bedingung. Insofern ist die Kritik, die Dena mache vorwiegend und wenig effektiv Informationspolitik, wenig stichhaltig. Natürlich weiß auch Stephan Kohler, dass durch Information allein die vielfältigen Markthemmnisse zur beschleunigten Markteinführung der Energieeffizienz sich nicht abbauen lassen. Die „vergessene Säule der Energiepolitik“ kann so nicht hinreichend aktiviert werden. Aber die Dena macht weder nur Informationspolitik, noch sind ihre Kampagnen erfolglos.

Die Kampagne „Druckluft effizient“ verdeutlicht dies: Zirka 90 Unternehmen haben sich daran beteiligt. Alle erhielten einen ausführlichen Bericht über die Einsparpotenziale und Vorschläge zur Umsetzung. In der noch laufenden Nachbefragung wird ermittelt, welche Maßnahmen aufgrund der Analysen tatsächlich umgesetzt wurden. Im Jahr 2003 finden rund 20 Druckluft-effizienz-Seminare in ganz Deutschland statt, in denen umsetzbares Wissen für Optimierungsmaßnahmen bei Druckluftanlagen vermittelt wird. Die Seminare werden nach Angaben der Dena von den Teilnehmern sehr positiv bewertet. Erste Ergebnisse der Messkampagne belegen nach Angaben der Dena die großen Einsparpotenziale bei Unternehmen. Die Kampagne hat also nicht nur eine beachtliche Impulswirkung, sondern auch ein umsetzungsorientiertes Design. Sie beruht auf einem Bündnis unterschiedlicher Akteure aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Andere Kampagnen, wie die „Initiative Energieeffizienz“ zum Stromsparen im Haushalt, „Solarwärme Plus“, „Zukunfthaus“ oder die Informationskampagnen zum Energy Star und zur Energieeinsparverordnung sind weitere Bestandteile der Informationspolitik.

Ein wichtiger Fortschritt ist also, dass es endlich auch in Deutschland eine offizielle und anerkannte Stimme für die nationale und internationale Energieeffizienzpolitik gibt. Der bisher der Dena zugestandene Tätigkeitsbereich reicht aber bei weitem nicht aus, um den volkswirtschaftlich vorteilhaften Weg zur Energieeffizienz- und Solarwirtschaft unumkehrbar zu ebnen. Wenn man den Müttern und Vätern der Dena eines vorwerfen kann, dann ist es dies: Warum haben sie die Chancen, die sie in Fraktionsbeschlüssen und Grundsatzpapieren mit der Energieeffizienz und der Energiewende zu Recht verbinden, nicht schon längst auch in einem erweiterten Arbeitsauftrag und durch Stärkung der Dena umgesetzt? Minister Trittin und die SPD-Fraktion haben eine bisher in der Öffentlichkeit viel zu wenig gewürdigte wichtige Neuorientierung der Energiepolitik vorgenommen. Sie haben – auf der programmatischen Ebene – die vergessene Säule Energieeffizienz als wesentliches Element einer Modernisierungspolitik wieder aus der Versenkung geholt und mit der Forderung nach beschleunigter Markteinführung der Erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung verbunden. Trittin und SPD-Fraktion fordern auch die Einführung eines Energieeffizienzfonds. Dass es diesen noch nicht gibt, ist nicht Problem der Dena, sondern der zögerlichen Haltung einiger Energiepolitiker und der Bremswirkung der Energiewirtschaft geschuldet.

Die Dena macht weder nur Informationspolitik, noch sind ihre Kampagnen erfolglos

Energieeffizienzfonds sind in einigen europäischen Ländern (England, Niederlande, Dänemark) und in 20 Bundesstaaten in den USA mit unterschiedlicher institutioneller und finanzieller Ausgestaltung erfolgreich umgesetzt worden. In Deutschland könnte er auf einer Kooperation der Dena mit der Energiewirtschaft, den Energieagenturen der Länder und Kommunen, Vertragsunternehmen, den Verbraucherzentralen, Herstellern, Handel, Planern und Handwerk für Effizienztechniken aufbauen. Ein Energiesparkonzept liegt vor, nachdem rund 60 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr eingespart werden können – ein wichtiger Beitrag zum Ziel der Bundesregierung, die Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu senken. Außerdem würde daraus ein Nettonutzen von mindestens zwei Milliarden Euro pro Jahr für die deutsche Volkswirtschaft entstehen.

Mit der Einführung eines Energieeffizienzfonds könnte die Wirkung der bisherigen Arbeit der Dena potenziert und der volkswirtschaftliche Nutzen einer Kombination von Effizienz- und Solarenergietechnik flächendeckend maximiert werden. Die Dena ist nicht nur wichtig, sondern sie braucht – als ein zentraler Akteur der Energiewende – auch ein erweitertes Mandat. Ein solches Mandat könnte im Rahmen eines strategischen Policy Mix zur Umsetzung einer nachhaltigen Energiewirtschaft verliehen werden – eine Strategie, die die Mehrheit der Energie-Enquetekommission im Jahr 2002 hinreichend präzise entwickelt hat. Die Umsetzung dieser Strategie wäre ein Zukunftsinvestitionsprogramm für Innovation, ökologischen Strukturwandel und mehr Arbeit. Gemessen daran sind die möglicherweise noch vorhandenen Unzulänglichkeiten in der Arbeit der Dena sekundär und behebbar. PETER HENNICKE