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Ende von GuantanamoObamas letzter Anlauf

US-Präsident Obama unternimmt noch einen Versuch zur Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers Guantanamo. Er könnte jedoch im Kongress scheitern.

Insgesamt 772 Personen wurden in Guantanamo seit 2002 ohne rechtliche Grundlage gefangen gehalten. Foto: dpa

Washington ap/afp | US-Präsident Barack Obama hat einen neuen Anlauf zur Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba unternommen. Das Gefängnis sei kontraproduktiv im Kampf gegen den Terrorismus, weil es bei der Rekrutierung von Extremisten als Propagandaargument genutzt werde, sagte Obama am Dienstag bei einer Presserkonferenz. Dem Kongress legte er einen lang erwarteten Plan zur Schließung des Lagers vor.

Die Abgeordneten werden darin aufgerufen, 475 Millionen Dollar für die Unterbringung der verbliebenen Insassen in den USA bereitzustellen. Die Kosten sollen aber durch die Schließung von Guantánamo wieder aufgefangen werden, was jährlich rund 180 Millionen Dollar an Einsparungen bringen soll.

Obama will erreichen, dass fast 60 Gefangene aus Guantánamo in die USA überstellt werden. Bisher verbietet ihm dies das Gesetz. Wohin sie genau kommen sollen, geht aus dem Entwurf nicht hervor. Als Optionen werden aber sieben bereits bestehende Gefängnisse in Colorado, South Carolina und Kansas und sechs Militärstützpunkte genannt.

Obama hatte bereits in seinem ersten Wahlkampf die Schließung von Guantánamo versprochen. Die Republikaner im Kongress haben aber mehrere solcher Anläufe blockiert.

Beobachter hielten auch den vorliegenden Plan für zu vage. Der republikanische Vorsitzende im Streitkräfteausschuss des Repräsentantenhauses, Mac Thornberry, hatte vorab erklärt, er wolle detaillierte Angaben zu dem Plan. Alles andere sei inakzeptabel, schrieb er an Obama.

Aktuell gibt es noch 91 Insassen

Der US-Präsident will die Schließung des Gefangenenlagers auf Kuba bis zum Ende seiner Amtszeit erreichen, doch Beobachter werteten das angesichts des Widerstands der Republikaner speziell im Wahljahr als unwahrscheinlich. Im Moment sind dort noch 91 Häftlinge untergebracht, von denen 35 bis zum Sommer in andere Länder abgeschoben werden sollen.

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hatte die Regierung von Obamas Vorgänger George W. Bush auf dem US-Militärstützpunkt Guantanamo ein Lager für Terrorverdächtige und Gefangene aus dem Afghanistan-Krieg eingerichtet. Menschenrechtsgruppen kritisieren, dass die Insassen über Jahre ohne rechtsstaatliche Verfahren festgehalten werden und oft noch in Guantanamo bleiben, nachdem sie als ungefährlich eingestuft wurden.

Viele Gefangene konnten nicht in ihre Heimat abgeschoben werden, weil ihnen dort Verfolgung droht. Drittstaaten zeigten sich nur zögerlich zur Aufnahme von Häftlingen bereit. Insgesamt brachten die USA über die Jahre mehr als 700 Gefangene nach Guantanamo. Unter den Häftlingen ist auch der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001, Khalid Sheikh Mohammed. Obamas Präsidentschaft endet Anfang 2017 nach zwei Amtszeiten.

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2 Kommentare

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  • Warum wird der Verstoß gegen fundamentale Menschenrechte sowie den Grundfesten des Rechtstaates als Meinung von Menschenrechtsgruppen abgetan? Es ist ja gut, wenn die taz nicht jede Meinung als Aussage übernimmt. Hier jedoch ist jede Aussage falsch, die auch nur einen Moment des Zweifelns zulässt, ob es bei Guantanamo um etwas anderes als ein hochkriminelles Lager von willkürlich weltweit entführten Menschen handelt.

     

    Die USA haben sich hier auf das rechtliche Niveau von korrupten gewalttätigen Diktaturen begeben. Zwar ist es ehrenhaft, dass Obama dies ändern möchte. Allerdings zeigt es auch die Bedeutung der Menschenrechte bei ihm, wenn dies für ihn lediglich ein Randthema ist. Wenn in ein paar Jahren die internationale Strafverfolgung wegen dieses Lagers beginnt, möchte Obama außen vor sein - und nicht wie sein Vorgänger George W. Bush aus Angst vor Strafverfolgung die USA nicht mehr verlassen können.

     

    Wir schämen uns zu recht wegen Pegida und den Angriffen auf Flüchtlinge. Die USA müssten sich jedoch schämen, dass es bei ihnen eine Mehrheit gibt, die ihre rechtstaatliche Traditionen für entbehrlich halten.

  • Yes, I believe a little anyhow anywhere nevermore that I can, nevertheless.