KOMMENTAR: Ende eines Querkopfs
■ Ulf Fink setzt sich gegen Peter-Michael Diestel durch
Ende eines Querkopfs Ulf Fink setzt sich gegen Peter-Michael Diestel durch
Mit einem Rückzug im letzten Augenblick hat sich Peter-Michael Diestel der programmierten Demontage auf dem eigens dafür angesetzten Parteitag der brandenburgischen CDU entzogen. So ließ er die rachedurstigen christlichen Kader ins Leere laufen und wahrte immerhin die Chance, seine Entscheidung in gewohnt locker-lakonischer Manier zu kommentieren. Mehr war nicht drin. Doch der gelungen inszenierte Abgang kann schwerlich verdecken, daß Diestel, der Zocker, der seit seinem Aufstieg im Kabinett de Maizière zahllose Rücktrittskampagnen unbeschadet überstand, diesmal als Verlierer von der Bühne geht. Daran ändern auch seine nebulösen Andeutungen, die die Entscheidung mit einem selbstgewissen, leicht drohenden Ton unterlegen, kaum etwas. Ließe er jetzt dem Amtsverzicht seinen Austritt aus der CDU-Fraktion folgen, könnte er zwar noch einmal für Schlagzeilen sorgen; doch eine Fraktion „Diestel“ wäre kaum mehr als das Durchgangsstadium ins politische Aus. An realistischen Optionen bleibt dem geschaßten Fraktionschef auch in Zukunft kaum etwas anderes, als die Möglichkeit innerparteilicher Opposition — aus der weit weniger einflußreichen Position des einfachen Abgeordneten im Brandenburger Landtag.
Mit Diestels Rücktritt wird ein Politiker degradiert, der mit seinen queren, oft verqueren, Äußerungen immer wieder hartnäckig den Versuch durchkreuzte, die Neu-Politiker aus dem Osten, wenn schon nicht auf Linie, dann eben zum Schweigen zu bringen. Daß dies jetzt dem neuen CDU-Landeschef Ulf Fink zu gelingen scheint, ist ein mehr als zweifelhafter Erfolg. Fink, selbst lange Zeit mit dem innerparteilichen Stigma eines Querkopfs belegt, verschafft sich den Nimbus eines durchsetzungsfähigen Parteichefs, ausgerechnet, indem er einen Querkopf ins Aus treibt. Doch solcherart Eignungsnachweise fürs bundesdeutsche Politgeschäft lassen sich nicht unbeschadet erbringen. Sie sind erkauft mit dumpfem Populismus, mit dem Gestus der Potenz und der Maske des Siegers — auch in deprimierend-ausweglosen Sitautionen. Mit diesen polit-professionellen Tugenden hat sich Fink seinen Anhängern auf dem Parteitag in Werder präsentiert. Die Erwartungen der Blockparteifunktionäre, die ihn seinerzeit — gegen das Votum des Adenauerhauses — ins Amt hoben, hat er damit schon erfüllt. Doch die Hoffnung, ein im Westen gescheiterter CDU-Reformer könne seinen Intentionen über den Umweg Ost Einfluß verschaffen, hat Fink in der Auseinandersetzung mit Diestel verspielt. Innerparteiliche Machtpolitik folgt eben ihren eigenen, gleichbleibenden Gesetzen. Im Adenauerhaus darf man sich jedenfalls zufrieden zurücklehnen: Zwei Quertreiber auf einen Streich. Matthias Geis
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