EnBW-Milliarden-Deal: Mappus sucht E-Mails
Baden-Württembergs ehemaliger Ministerpräsident feierte sich einst für den Teilkauf des Atomkonzerns EnBW. Jetzt beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss mit ihm.
STUTTGART taz | Es ist inzwischen ein gutes Jahr her, dass Stefan Mappus (CDU) im Landtag vor die Kameras trat, um seinen vermeintlichen Coup zu verkünden: "Die EnBW-Aktien kommen heim", erklärte der damalige Ministerpräsident Baden-Württembergs im Dezember 2010.
Ein Fünf-Milliarden-Deal durch das Land Baden-Württemberg, bei dem bis heute vieles unklar ist, vor allem, wer dafür gesorgt hat, dass der Landtag beim Kauf nicht mitreden durfte. Das soll von Freitag an ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss im Landtag klären, in dem die neue, grün-rote Landesregierung nun die Mehrheit hat.
Bereits im Oktober hat der Staatsgerichtshof bescheinigt, dass Mappus verfassungswidrig gehandelt hat. Er hat allerdings stets behauptet, dass der französische Energiekonzern EDF auf eine Umgehung des Landtags bestanden habe, sonst wäre der Kauf nie zustande gekommen. Widersprüchliche Aussagen von EDF-Sprechern ließen allerdings immer wieder Zweifel daran aufkommen.
Ungeklärt ist auch die Rolle der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz, die Mappus beraten hat: Inwieweit hat sie gegenüber dem Ministerpräsidenten verfassungsrechtliche Zweifel geäußert? Ebenso stellt sich die Frage, welchen Part Dirk Notheis von der Investmentbank Morgan Stanley spielte, der den Milliardendeal abgewickelt hat. Hatte er seinen Duzfreund Mappus vor dem wirtschaftlichen Risiko gewarnt? Verfolgte er eigene Vorteile und drängte auf den Kauf?
Schlecht beraten von seinen Freunden?
In den vergangenen Tagen gab es zudem Verwirrungen um den Verbleib einer wichtigen E-Mail. Darin gibt die Anwaltskanzlei grünes Licht für den Kauf, ohne die Zustimmung des Landtags - für Mappus der Beweis, dass er sich an den Rat seiner Anwälte gehalten habe. Das Staatsministerium konnte die E-Mail nach eigenen Angaben in den Unterlagen zunächst nicht finden, weshalb Mappus der neuen Regierung "Geschichtsklitterung" und Manipulation vorwarf.
Am Dienstag tauchte die Mail dann doch auf: Die Staatsministerin Silke Krebs (Grüne) teilte mit, sie sei erst nachträglich von der Investmentbank Morgan Stanley zur Verfügung gestellt worden. Die Bank sprach von einem "Versehen". Nicht umsonst soll sich der Ausschuss auch damit beschäftigen, wie die Verantwortlichen ihr Handeln dokumentiert haben.
Es sei unglaublich, ärgerte sich Krebs, dass der Kauf der EnBW-Anteile nicht in Regierungsakten dokumentiert sei. "Das kann nur aus Mailverkehren rekonstruiert werden, die ebenfalls nicht dokumentiert sind, sondern nun von den damaligen Beteiligten wiedergefunden werden", sagte die Staatsministerin. Die Aufklärung dieser Zusammenhänge wird mindestens ein halbes Jahr in Anspruch nehmen.
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