Empörung über Anti-Islam-Kurs der AfD: „Sie missbrauchen den Islam“
Die AfD will den Islam als verfassungswidrig einstufen. Daraufhin zieht der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland Parallelen zur NSDAP.
Die rechtskonservative AfD will nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in ihrem ersten Parteiprogramm den Islam als unvereinbar mit der Verfassung darstellen. Die Partei will konkret unter anderem ein Verbot von Minaretten, Muezzins und Vollverschleierungen im Bundesparteiprogramm fordern. Das Programm soll am übernächsten Wochenende beim Parteitag in Stuttgart diskutiert werden.
Mit der AfD gebe „es zum ersten Mal seit Hitler-Deutschland eine Partei, die erneut eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiert und sie existenziell bedroht“, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, dem NDR. Die AfD schwimme auf einer Welle der Islamfeindlichkeit. Sie missbrauchen den Islam, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung abzuschaffen. „Nicht der Islam ist nicht grundgesetzkonform, sondern die AfD ist nicht grundgesetzkonform“, sagte Mazyek.
Auch aus den anderen Parteien wurden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der AfD-Forderungen laut. Der kirchenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Franz Josef Jung (CDU), sprach in der Tageszeitung Die Welt von einem „extremistischen Denken, das mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist“. Die SPD-Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Kerstin Griese, sagte, die AfD schüre „haltlose Vorurteile“. Einschränkungen islamischer Religionsausübung, etwa durch ein Minarett-Verbot, seien grundgesetzwidrig.
Ein pauschales Feindbild
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, warf der AfD vor, „den Islam als pauschales Feindbild zu konstruieren, um so auf Wählerfang zu gehen“. Auch er beurteilte die Vorschläge als nicht vereinbar mit dem Grundgesetz. „Sie offenbaren, wer ein grundsätzliches Problem mit den Werten unserer Gesellschaft hat: Es ist die AfD“, sagte er. Die religionspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christine Buchholz, sagte, das Problem in Deutschland seien nicht Minarette, Schleier oder Muezzin-Rufe, „sondern der Rassismus gegen eine religiöse Minderheit“. FDP-Generalsekretärin Nicola Beer nannte die Thesen „geistige Brandstiftung“.
Selbst vom früheren AfD-Vorsitzenden Bernd Lucke kam Kritik an den Anti-Islam-Thesen. „Mit populistischen Forderungen wie Minarettverboten oder islamischen Gottesdiensten nur in deutscher Sprache fördern wir nur die Radikalisierung von Muslimen“, sagte er der Berliner Zeitung. „Sie würden sich als Bürger zweiter Klasse vorkommen“, sagte Lucke, der heute Vorsitzender der Partei Alfa ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei