Emissionshandel in der EU: Vom Preisverfall geerdet
Die EU-Kommission stoppt den Großteil ihrer Pilotprojekte zur Deponierung von CO2. Der hausgemachte Wertverlust der Ausstoßrechte schrumpft das Budget.
FREIBURG taz | Die Europäische Union wird die Zahl ihrer Pilotprojekte zur CO2-Speicherung deutlich reduzieren müssen. Das bestätigte ein Sprecher der EU-Kommission am Mittwoch. Ursprünglich hatte sie in verschiedenen Ländern acht Demonstrationsanlagen bauen lassen wollen, um zu testen, wie sich das Treibhausgas Kohlendioxid aus Kraftwerksschloten und Industriebetrieben am besten in den Untergrund verpressen und damit langfristig aus der Atmosphäre fernhalten lässt.
Nun sollen es nur noch drei Projekte werden. Welche genau, wird erst zum Jahresende feststehen. Für mehr fehlt das Geld. Denn die Projekte sollen etwa zur Hälfte aus dem Verkauf von Emissionszertifikaten durch die EU finanziert werden. Dafür hatte die Kommission CO2-Ausstoßrechte im Umfang von 300 Millionen Tonnen zurückbehalten, die sie zur gegebenen Zeit am Markt verkaufen wollte.
Doch der Preis verfällt. Aktuell erwartet die Kommission beim Verkauf einer ersten Tranche von 200 Millionen Zertifikaten nur noch 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro. Das Geschäft soll Anfang Oktober abgeschlossen sein. Als man das Programm entwickelte, war man noch von CO2-Preisen zwischen 20 und 30 Euro je Tonne ausgegangen, vor anderthalb Jahren rechnete man dann noch mit 15 Euro.
Inzwischen sind im Emissionshandel jedoch keine acht Euro mehr für die Tonne zu erlösen. Der Verfall folgt schlichter Marktlogik: Es herrscht ein Überfluss an Zertifikaten, weil die EU in der Vergangenheit zu viele davon kostenfrei ausgegeben hat.
Wenig Anreiz, klimafreundlicher zu werden
Damit sind gleich zwei Nachteile verbunden: Erstens besteht für die betroffenen Unternehmen wenig Anreiz, klimafreundlicher zu werden, weil Dreck machen fast nichts kostet. Und zweitens fehlt es der EU nun an Geld für Förderprojekte. Deutschland ist von der aktuellen Beschneidung des Demonstrationsprogramms nicht betroffen, weil hier ohnehin kein Projekt zur so genannten CO2-Sequestrierung mehr in Planung ist.
Der Energiekonzern Vattenfall hatte Ende 2011 kapituliert und die für das Braunkohlekraftwerk im brandenburgischen Jänschwalde vorgesehene Deponierung der Abgase gestoppt. Grund war die geringe Akzeptanz, die das CO2-Endlager in Politik und Gesellschaft fand.
Außerdem war die Rechtslage hier lange unsicher, erst im Juni einigte sich der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat nach langem Streit auf ein einschlägiges Gesetz. Die Abhängigkeit der Projekte vom CO2-Preis ergibt sich übrigens nicht alleine aus haushalterischer Sicht, sie ist auch ökonomisch folgerichtig. Schließlich kann nur bei hohen CO2-Preisen die Verpressung in tiefe Wasserschichten oder Erdgasfelder eines Tages wirtschaftlich sinnvoll sein.
CO2-Entsorgung ist teuer
Denn die Speicherung des Treibhausgases – oft als Carbon Dioxide Capture and Storage, kurz CCS bezeichnet – ist teuer. Nach unterschiedlichen Schätzungen kostet die Entsorgung von einer Tonne CO2 mit dieser Technik 30 bis 70 Euro.
Wenn man im Emissionshandel acht Euro für den Ausstoß von einer Tonne CO2 zahlen muss, bedeutet das aber, dass es Marktakteure gibt, die für diesen Betrag eine Tonne CO2 einsparen können. Damit ist es offenbar deutlich billiger, in einen geringeren Ausstoß zu investieren als in das Deponieren der Abgase.
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