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Elya Maurice Conrad Änder StudiesIch werde in diesem Leben kein CDU-Mitglied mehr. Aber ich feiere all jene unter ihnen, die sich zur Brandmauer bekennen. So wie „CDU-Opa“ Dieter Breymann

Foto: Cedric Büchling

Da sehe ich sie schon wieder, die CDU-Tasse auf meinem Handybildschirm. In meinem Insta-Feed erscheint in oranger Schrift auf grauem Untergrund das Wort „CDU“. Dahinter die Silhouette einer Stadt. „Ich bin es wieder, der CDU-Opa“, sagt der Mann, der in die Kamera guckt. Wer hätte gedacht, dass ich mich eines Tages darüber freuen würde?

Der „CDU-Opa“ heißt eigentlich Dieter Breymann und ist Lokalpolitiker in Mönchengladbach. Er macht etwas, was vielen seiner Parteikollegen nicht mehr gelingt: Er spricht über die Brandmauer und den richtigen Umgang mit Rechtsextremismus. Dafür bekommt er viel Zuspruch, aus verschiedenen politischen Lagern.

Für mich ist Breymann zu einer Hoffnungsfigur geworden. Nicht, weil ich glaube, ein Lokalpolitiker würde über Nacht den politischen Kurs der Bundes-CDU ändern. Sondern, weil seine Existenz zeigt: Es gibt sie noch. Christdemokraten, die das C in ihrem Partei­namen ernst nehmen und die Christdemokratie als das verstehen, was sie einmal war: eine klare Abgrenzung gegen menschenfeindliche Politik. Oder wie Breymann sagt: „Parteien, die verfassungswidrig sind, müssen wir verbieten“. In seiner eigenen Partei macht er sich mit seiner klaren Haltung und der Losung „Harte Zeiten für Christdemokraten“ nicht nur Freunde.

Aber sollten sich nicht gerade jetzt vor Weihnachten mehr Leute aus seiner Partei ein Beispiel an seinen christlichen Werten nehmen? Und sich darauf besinnen, was sie mit dem restlichen demokratischen Lager verbindet?

In den letzten Monaten war es leider einfach, die CDU politisch einzuordnen: Sie macht rassistische Politik, löst keine Probleme, und die Behauptung, die AfD zu „halbieren“, hat sich ins Gegenteil verkehrt. Sie regiert, betreibt aber keine Politik für die Mehrheit der Menschen.

Doch wir brauchen sie, als demokratische Verbündete. Die Gefahr einer Machtübernahme durch Rechtsextreme in den nächsten zehn Jahren ist echt. Wir brauchen alle Menschen, die das Grundgesetz und das dort verankerte institutionelle Versprechen, nie wieder Faschisten an die Macht zu lassen, nicht als ein Versehen betrachten. Die sich vor das Grundgesetz stellen, selbst wenn die AfD mit mehr als 50 Prozent gewählt würde.

Ein AfD-Verbot ist ein unfassbar relevantes politisches Zwischenziel. Nicht, weil es den politischen Rechtsextremismus abschafft. Sondern weil es die Grundlage für staatliche Repression gegenüber rechtsextremem politischen Engagement bietet. Wenn ich mit CDUlern spreche, höre ich oft diese Frage: Was bringt das schon? Doch wer die AfD aufmerksam verfolgt, hört, wie sehr sie sich vor einem Verbotsverfahren fürchtet. Denn es würde den politischen Arm der Rechtsextremen um Jahrzehnte zurückwerfen.

Dafür braucht es allerdings eine parlamentarische Mehrheit, die es derzeit nicht gibt. Dass Christdemokraten wie Breymann gut ankommen, und zwar nicht trotz, sondern wegen ihres Bekenntnisses zur Brandmauer, macht mir Hoffnung. Offenbar gibt es einen zweiten Weg für konservative Po­li­ti­ke­r*in­nen. Einen Weg, der Menschen aus ihrem politischen Spektrum abholt, sich aber inhaltlich nicht an der AfD orientiert.

Es gibt sie noch: Christdemokraten, die das C in ihrem Parteinamen ernst nehmen

Ich werde in diesem Leben kein CDU-Mitglied mehr. Aber ich hoffe verdammt noch mal, dass wir den Kampf gegen die Machtübernahme der Faschisten gewinnen können. Und wenn es hilft, dann stelle ich mir dafür gerne eine CDU-Tasse auf den Schreibtisch.

Elya Maurice Conrad, 25, ist Klimaaktivist*in, Rap­pe­r*in und Softwareentwickler*in.

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