Elfte UN-Artenschutzkonferenz: Jetzt fehlt nur noch das Geld
Die UN-Artenschutzkonferenz in Indien sucht nach Finanzquellen. Die gewünschten 40 Milliarden Dollar pro Jahr für den Naturschutz sind nicht in Sicht.
BANGKOK taz | Wieder einmal treffen sich 2.000 Delegierte aus aller Welt, um über den andauernden Verlust von Tier- und Pflanzenarten zu diskutieren: seit Montag auf der elften Artenschutzkonferenz der Vereinten Nationen im indischen Hyderabad. Doch wie schon bei den Vorgängerveranstaltungen im japanischen Nagoya und in Bonn sind die Chancen gering, dass die Unterhändler eine Einigung erreichen, die das Artensterben spürbar bremst.
Umweltschützer halten den Verlust von Biodiversität für problematisch – auch für die Menschheit. Schließlich ließen sich aus vielen Tier- und Pflanzenarten Medikamente und Rohstoffe gewinnen, die nicht nur ein riesiger Markt seien, sondern in Zukunft zudem überlebenswichtig sein könnten.
Einen Plan gegen das Artensterben haben die Delegierten in Hyderabad bereits. Und der ist sogar gut: Der Plan „hat die Kraft, den dramatischen Verlust an Artenvielfalt zu stoppen“, sagt Lasse Gustavson, Direktor für Artenschutz bei der Umweltorganisation WWF. „Jetzt müssen die Regierungen ihre Versprechen mit Geld unterlegen und Worten Taten folgen lassen.“
Doch die erforderliche Summe ist nicht trivial: Achim Steiner, der Chef des UN-Umweltprogramms, schätzt, dass jährlich 40 Milliarden Dollar erforderlich sind. Für diese Summe soll der Verlust an Wäldern und anderen Lebensräumen bis zum Jahr 2020 halbiert werden. Außerdem sollen bis dann 15 Prozent der bereits geschädigten Wälder rehabilitiert werden.
Ein „Schnäppchen“
Dabei lassen sich die 40 Milliarden bereits mit der Wiederherstellung von geschädigten Wäldern amortisieren: Die Internationale Naturschutzunion schätzt, dass dadurch ein Nutzen von 85 Milliarden Dollar pro Jahr entsteht. Für Steiner sind die 40 Milliarden daher ein „Schnäppchen“.
Wo das Geld herkommen könnte, weiß Hubert Weiger, der Chef des Bundes für Umwelt und Naturschutz BUND: „Durch den Abbau umweltschädigender Subventionen können Gelder in den Schutz der biologischen Vielfalt fließen.“ Die Reduktion der Subventionen für das Verbrennen von Öl, Kohle und Gas kosten jährlich weltweit mehr als 500 Milliarden Dollar.
Doch dass dies gelingt, darf bezweifelt werden. Der WWF hat nachgezählt: Bislang haben nur 14 Länder den vor zwei Jahren beschlossenen Plan zum Schutz der globalen Artenvielfalt auch in ihre nationalen Pläne integriert. Hinzu kommt, dass viele Industriestaaten noch immer mit der Finanz- und Wirtschaftskrise zu kämpfen haben.
Daher hoffen die UN, auch private Gelder mobilisieren zu können, etwa mit Hilfe des Habitat-Bankings: Unternehmen, die großflächig Landschaft zerstören wie Minenbetreiber oder Immobilienentwickler, sind in einigen Ländern gezwungen, dafür Ersatz zu schaffen. Dazu kaufen sie Land, das bereits genutzt oder geschädigt wurde, rehabilitieren es und stellen es unter Schutz. Aber ob genügend Unternehmen zu solchen Schritten verpflichtet werden können, bleibt offen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag