Element of Crime im Konzert: Die Merkel des Pop
Beim Tourauftakt von Element of Crime im Berliner Tempodrom wird klar, warum Sänger Sven Regener so gut ankommt.
BERLIN taz | Kurz vor den Zugaben reißt der gut gelaunte Sven Regener mal wieder die Arme hoch. Und grinst. So wie die Kanzlerin das auch immer macht, wenn sie sich in irgendeinem Stadion über ein Tor von Mesut Özil freut. Oder von Götze. Die Arme halbhoch über den Schultern, das Jacket spannt zwischen Achselhöhlen und wohl gewölbtem Bauch. Selbst Regeners Frisur ist jetzt ohne Zweifel merkelesk.
Und plötzlich wird klar. Er ist es. Sven Regener ist die Angela Merkel des Pop. Sprachlich ist er natürlich noch um Klassen besser als die Kanzlerin. In eigentlich all den Songs, die er mit seiner Band Element of Crime an diesem Abend beim Tourauftakt im Tempodrom auf die Bühne bringt, erzählt er auf seine wunderbar verschachtelt gedrechselte Art und Weise von der Liebe, die noch nicht erfüllt oder schon längst vergangen ist, dass man ihm umgehend dafür einen Buchpreis verleihen möchte.
Lyriker sind ja eh gerade angesagt.
Vor allem aber bestätigt der kleine Mittfünfziger, der seine Trompete nicht nur braucht, um den Songs das sanft schmeichelnde Sahnehäubchen aufzusetzen, sondern auch, um sich beim Singen stilvoll daran festzuhalten, seinem mitgealterten Publikum das Gefühl, dass es nichts ändern muss, dass „Lieblingsfarben und Tiere, Dosenravioli und Buch“ genügen, „Hauptsache Liebe und Hauptsache du“.
Mag sein, dass heute nicht alles perfekt ist, aber immer noch besser als „Damals hinterm Mond“. Deshalb gibt es auch keine Experimente, sondern die immer gleiche Musik.
Zwei Reihen weiter vorne schmachtet sich ein schwer verliebtes Paar an und singt lauthals den Refrain mit: „Liebe ist kälter als der Tod“. Zwei Reihen weiter hinten fällt ein Grauhaariger kurz in Ohnmacht.
Und alle sind glücklich und wollen mehr. Weil es wirklich schön ist. Eine Zugabe, eine zweite, eine dritte. Wie bei Merkel.
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