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Archiv-Artikel

Elektrische Zirkussensation

Geschichtsbewusster Erneuerer des Rap: Common stellt im Grünspan ein echtes Konzerthighlight in Aussicht – nicht nur für bereits überzeugte Kopfnicker

Als Rashid Lynn, besser bekannt als Common, vor drei Jahren erstmals in Hamburg aufgetreten war, verfiel ein Redakteur auf diesen Seiten in kaum zu toppende Vollmundigkeiten. „Ich bin die Hildegard von Bingen des Rap“, hieß es da, denn: „Ich habe Gott gesehen.“ Nüchterner betrachtet, war Commons Gastspiel für viele, die dabei waren, eines der besten HipHop-Konzerte seit etlichen Jahren, wenn nicht überhaupt.

Kurz zuvor hatte Common sein drittes Album Like Water For Chocolate veröffentlicht und seinen Ruf als geschichtsbewusster Genre-Erneuerer begründet: Er dockte an die allerbeste Native Tongues-Tradition der frühen 90er Jahre an, bezog sich aber genauso auf den emanzipatorischen Afrobeat eines Fela Kuti und damit nicht zuletzt politisch ambitionierte schwarze Musikgeschichte. Und nicht zuletzt: Ein enorm charismatischer, überdurchschnittlicher Rapper war und ist er überdies.

Spätestens mit der Veröffentlichung seines jüngsten Albums Electric Circus hat Common, zwischenzeitlich auch als Liebster von Soul-Diva Erykah Badu zur Kenntnis genommen, demonstrativ abgeschlossen mit allen Jugendsünden, etwa der früher auch schon mal zur Schau gestellten Homophobie. Erstmals formuliert er im Stück „Between Me, You and Liberation“ Verständnis für einen (fiktiven) schwulen Freund. Aber mehr noch macht der Sound des Albums, seine für Puristen schwer erträgliche Offenheit gegenüber weiter zurückliegenden Musikepochen, es zu einem Sonderfall mit Breitenwirkung – auch und gerade für ein Nicht-HipHop-Publikum.

Wenn Common jetzt mit seiner Begleitband und seinem DJ im Grünspan auftritt, könnte sich, und damit nimmt man den Mund kaum zu voll, wiederum eines der besten Rapkonzerte zutragen – und das nicht nur für dieses Jahr. ALEXANDER DIEHL

Freitag, 19.30 Uhr, Grünspan