Elbphilharmonie: Schweigen ist Gold
Ortstermin des Untersuchungsausschusses Elbphilharmonie gerät zur Farce. Denn der Bauherr, die Rege, verweigert die Teilnahme, weil eine förmliche Zeugen-Vorladung fehlt
Die Parlamentarier tragen weiße Helme mit dem Symbol von Hochtief, der Firma, von der manche sagen, dass sie Schuld sei an dem Schlamassel. Daran, dass die Elbphilharmonie erst 2013 fertig werden soll, drei Jahre später als geplant. Daran, dass die Kosten sich auf 323 Millionen Euro oder mehr belaufen, während die Stadt Hamburg anfangs 114 Millionen veranschlagt hatte.
Die Parlamentarier vom Untersuchungsausschuss Elbphilharmonie (PUA) stehen am Montag vor dem Objekt ihrer Untersuchung, "Ortstermin" heißt das, und gleich zu Anfang gibt es eine Verstimmung, weil der Bauherr, die städtische Realisierungsgesellschaft Rege, abgesagt hat. Man könne an der Führung leider nicht teilnehmen, da keine förmliche Vorladung vorliege, hieß es in der Absage.
Beim Untersuchungsausschuss ist die Rege nicht außen vor, Hochtief wirft ihr vor, zusammen mit den Architekten Schuld an der Entwicklung zu sein. Auf der Baustelle verteilt ein Herr im Anzug eine Stellungnahme des PUA, in der es heißt, die Rege habe es "vorgezogen, dem Anliegen des Ausschusses nicht zu folgen". Hochtief und die Architekten dagegen verhielten sich konstruktiv, indem sie die Führung unterstützten.
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) Elbphilharmonie ist nach dem PUA zur HSH Nordbank der zweite Ausschuss seiner Art in Hamburg.
Eingesetzt wurde der PUA am 5. 5. 2010 durch die Hamburgische Bürgerschaft, und zwar auf Antrag der SPD-Fraktion.
Den Vorsitz hat der SPD-Finanzpolitiker Peter Tschentscher.
Der Auftrag des PUA ist es, zu klären, wer für die Kostensteigerungen der Elbphilharmonie verantwortlich ist, ob die Öffentlichkeit immer wahrheitsgemäß informiert wurde und wie der Senat solche Pannen bei großen öffentlichen Bauprojekten künftig verhindern will.
Tatsächlich ist die Sache nicht so einfach, denn eine Aussage vor dem PUA kann juristische Konsequenzen haben. Deshalb muss jeder Befragte ganz offiziell als Zeuge oder Sachverständiger geladen werden, damit er nicht im rechtsfreien Raum agiert. Das aber habe der PUA trotz mehrfacher Aufforderung nicht getan, sagt Rege-Sprecherin Nina Siepmann. Der PUA, dessen Vorsitzender Peter Tschentscher (SPD) sich nicht dazu äußert, habe vielmehr gefordert, dass Rege-Mitarbeiter die Gründe für die Kostensteigerungen direkt vor Ort erklären sollten. Konkrete Zeugen oder Sachverständige seien aber weder geladen noch benannt worden. Deshalb sei die Rege der Begehung ferngeblieben - zumal der PUA angekündigt habe, sämtliche Ausführungen zu protokollieren und die Betroffenen später damit zu konfrontieren.
Das alles weiß auch Hochtief, weshalb der Ingenieur Dirk Rehaag, der über die Baustelle führt, so gut wie nichts zu dem sagen darf, was die Abgeordneten wissen wollen. "Was ist gegenüber den ursprünglichen Planungen hinzugekommen? Und warum?", fragt Hans Lafrenz (CDU), und Rehaag antwortet, er könne "keine Bewertungen vornehmen". Gezeigt wird darum, was alle wissen, hier die Fundamente, und da die Innendämmung beim kleinen Konzertsaal.
Stockwerk für Stockwerk geht das so, Architekt Ernst Höhler trägt einem Helm mit dem Elbphilharmonie-Logo und sichert die Ausgänge. Warum er nichts sagt? "Ach, wissen Sie, das ist bei Architekten immer so." Der PUA wird noch viel zu tun haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!