Eklat bei Pressekonferenz: Berlusconi schafft sich Justiz vom Hals

Italiens Premier Berlusconi hat mit einer Vertrauensfrage ein Gesetz im Senat durchgedrückt, das ihm Auftritte vor Gericht erspart - und einen Journalisten wüst beschimpft.

"Ich weiß, warum Sie so sind. Weil sie sich jeden Morgen im Spiegel ansehen müssen, wenn Sie Ihre Haare kämmen": Silvio Berlusconi. Bild: dpa

ROM dpa/afp | Mit einer Vertrauensabstimmung im Senat hat der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi am Mittwochabend ein umstrittenes Gesetz durchgedrückt und sich damit Luft in seinen Korruptionsverfahren verschafft. Angesichts des massiven Widerstands der Opposition, die zuvor über 1700 Einsprüche gegen das Vorhaben eingereicht hatte, stellte der 73-jährige Medienmogul die Vertrauensfrage - zum 31. Mal seit seiner Wahl im April 2008.

Die neue Norm zur "gerechtfertigten Abwesenheit" in Prozessen erlaubt es Berlusconi und seinen Ministern ab sofort, auch ohne die Zustimmung des jeweiligen Richters nicht im Gerichtssaal erscheinen zu müssen. Auf diese Weise schafft sich der Regierungschef ein erhebliches Problem - seinen ständigen Ärger mit der Justiz - zunächst aus dem Weg. Das Gesetz ist als eine Art Überbrückung für insgesamt 18 Monate gültig, bis das Parlament ein umfassendes neues Immunitätsgesetz ausgearbeitet hat.

Berlusconi muss sich in mehreren Verfahren verantworten, nachdem eine für ihn maßgeschneiderte Immunitätsregelung vom Verfassungsgerichtshof 2009 gekippt worden war. Unter den Verfahren ist auch der Prozess wegen Bestechung des britischen Anwalts David Mills, dem Berlusconi für Falschaussagen in den 1990er Jahren 430 000 Euro gezahlt haben soll. Die nächste Anhörung für den Regierungschef wäre der 26. März gewesen - kurz vor den wichtigen Regionalwahlen. Mit dem neuen Gesetz kann Berlusconi das Mills-Verfahren und andere Prozesse jeweils für sechs Monate auf Eis legen.

Für Verwunderung sorgte zudem eine Pressekonferenz, bei der Berlusconi und Verteidigungsminister Ignazio La Russa mit einem Reporter aneinandergerieten. Der nach eigenen Angaben freischaffende Journalist Rocco Carlomagno hatte Berlusconi eine Frage zu dem umstrittenen Chef des italienischen Zivilschutzes, Guido Bertolaso, gestellt, ohne zu warten, bis er aufgerufen wurde. Berlusconi bezeichnete ihn daraufhin als Flegel. La Russa verließ das Podium und ging zu Carlomagno, der in einer der hinteren Reihen saß, und beschimpfte ihn. Auf einer Video-Aufzeichnung ist zu sehen, wie der Verteidigungsminister den Mann am Mantel packt.

Später sagte Carlomagno der italienischen Nachrichtenagentur ANSA, La Russa habe ihn zweimal auf das Brustbein gestoßen und kündigte eine Anzeige an. Carlomagno forderte Berlusconi auf der Pressekonferenz lautstark zum Rücktritt auf und beschimpfte La Russa als Faschisten, wie auf dem Video zu hören ist, das die Zeitung "La Repubblica" ins Netz stellte.

Als Carlomagno seine Frage zu dem unter Korruptionsvorwürfen stehenden Zivilschutz-Chef wiederholte, drohte Berlusconi mit einer Verleumdungsklage und schickte eine abfällige Bemerkung über die tiefe Stirnglatze des Mannes hinterher: "Ich weiß, warum Sie so sind. Weil sie sich jeden Morgen im Spiegel ansehen müssen, wenn Sie Ihre Haare kämmen." Laut "La Repubblica" ist Carlomagno politisch aktiv und kämpft unter anderem gegen Atommülllager in Italien.

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