Eklat am Runden Tisch: Kolonialdebatte ohne AfD

Beim Runden Tisch zur Kolonialismus-Aufarbeitung hat die Black Community den Abgang des AfD-Hardliners Alexander Wolf erzwungen. Nicht alle fanden die Aktion demokratisch.

Ein Mann mit Gllatze, Brille und Mikrophon in der Hand

No-Go für die Black Community: AfD-Hardliner Alexander Wolf Foto: dpa

Beim Runden Tisch zur Kolonialismus-Aufarbeitung hat es Ärger gegeben: Alexander Wolf, stellvertretender Vorsitzende von Hamburgs AfD-Fraktion, hat nach Protesten der Black Community am Freitag den Saal verlassen. Dabei wollten die 70 Vertreter von Kultur, Politik und Zivilgesellschaft an dem von der Kulturbehörde initiierten Abend eigentlich über das künftige Prozedere beraten.

Aber dazu kam es nicht. Gleich zu Beginn ergriff ein junger Mann aus der Black Community das Mikrofon und erklärte, solange Herr Wolf, Mitglied einer „offen rassistischen Partei“ dort sitze, werde er das Mikro behalten. Rund die Hälfte der Anwesenden stimmte zu und rief, mit Wolf – Herausgeber einer völkischen Liedersammlung und Mitglied rechter Burschenschaften in Deutschland und Namibia – wolle man nicht am Tisch sitzen.

Kulturbehörden-Moderator Thomas Overdick bat daraufhin Wolf, zu gehen, bevor der sich äußern konnte. Wolf tat es, findet es aber „skandalös, dass jemand ausgegrenzt wird“. Dies sei kein Runder, sonder eher ein eckiger Tisch – zumal er als Mitglied einer gewählten Partei eingeladen gewesen sei. Der Protest habe nichts „mit irgendwelchen Dingen zu tun, die ich vor 20 Jahren getan habe“, sondern „meine Nase hat nicht gepasst“.

Augenzeuge Norbert Hackbusch, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion und Schriftführer des Kulturausschusses, versteht indes sehr wohl, „dass sich etliche aus der Black Community bedroht gefühlt haben. Denn Herr Wolf ist jemand, der gern nach Abzuschiebenden sucht“, sagt Hackbusch. „Und einige aus der Black Community haben einen ungesicherten Aufenthaltsstatus.“

Überdies habe sich Kulturausschuss-Mitglied Wolf bislang nie für Kolonialismus interessiert, und es sei bizarr, dass die AfD ausgerechnet einen Hardliner zu dem Treffen geschickt habe. „Andererseits geht es nicht, dass man jemanden nicht zu Wort kommen lässt. Man ist stärker, wenn man abweichende Meinungen aushalten kann“, sagt Hackbusch. Nur habe der Moderator wohl nicht die Wahl gehabt, „denn wenn Wolf geblieben wäre, wäre die Black Community gegangen, und die brauchen wir für die Aufarbeitung“.

Provokante Personalie

„Ich hätte es besser gefunden, wenn man Herrn Wolf hätte zu Wort kommen lassen“, sagt ein anderer, der dabei war. „Dann hätten die Menschen einen konkreten Anlass gehabt zu gehen.“

Aber so war es nicht, und Aktivisten der Black Community sagen auch ganz explizit, „dass wir uns im Umgang mit einer faschistoiden Partei nicht auf einen vorgezeichneten demokratischen Weg festlegen lassen“. Schon die Anwesenheit Wolfs, der den Kolonialismus relativiere, sei für Schwarze eine Provokation und könne zu keiner konstruktiven gemeinsamen Aufarbeitung führen.

Kleine Arbeitsgruppen

Wie es weitergeht, ist unklar. Man werde sich jetzt erst mal in kleinen AGs treffen, sagt Enno Isermann. Er ist Sprecher der Kulturbehörde, die der AfD mitteilte, wie betrübt sie über den Verlauf der Sitzung sei und dass die AfD beim nächsten Mal wieder eingeladen werde.

Welchen konstruktiven Beitrag Wolf dann leisten will, weiß er selbst noch nicht. Er habe sich „erst mal ein Bild machen wollen, um später zu entscheiden, ob ich etwas beisteuere“, sagte er der taz am Mittwoch. Und zum Leid der Versklavten wolle er „gar nichts sagen. Dafür könnte ich viel über Namibia erzählen“. Für Details war dann keine Zeit, denn er musste schnell zurück in die Bürgerschaftssitzung: „Ich höre schon das Glöckchen läuten.“

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