: Eisregen legt U-Bahnen lahm
Das Winterwetter vesetzte Berlin gestern Vormittag ins Chaos: Fußgänger und Autos schlitterten über Gehwege und Straßen, vereiste Stromabnehmer brachten U-Bahnen zum Erliegen, und am Flughafen Tegel ging gar nichts mehr
von STEFAN KAISER
„Gehen sie doch noch ein bisschen durch, meine Herrschaften!“, ruft der BVG-Mitarbeiter den Fahrgästen zu, die sich am U-Bahnhof Hallesches Tor in den Bus des Schienenersatzverkehrs drängen. Doch seine Ratschläge scheinen zwecklos – etwa 15 wartende Menschen müssen draußen bleiben und sich in Geduld üben. Sie verkürzen sich die Wartezeit, indem sie ihrem Unmut über den ausgefallenen U-Bahn-Verkehr Luft machen.
Szenen wie diese gab es gestern an vielen U-Bahnhöfen zu bestaunen. Der nächtliche Eisregen bereitete jedoch nicht nur dem Schienenverkehr, sondern auch den Flughäfen und Autofahrern große Probleme.
Der U-Bahn-Verkehr fiel auf den Linien U1 und U2 wegen vereister Stromabnehmer zeitweise ganz aus. Die U1 konnte bis 9.45 Uhr zwischen Nollendorfplatz und Warschauer Straße, danach zwischen Halleschem Tor und Warschauer Straße nicht fahren. Zwischen Zoo und Potsdamer Platz musste der Verkehr der U2 bis 9.45 Uhr unterbrochen werden. Auf beiden Linien verkehrten die Bahnen auch nach 11 Uhr nur unregelmäßig.
Bei der S-Bahn hatte man meist nur mit kleineren Verspätungen wegen Tür- oder Weichenstörungen zu kämpfen. Lediglich die Linie S2 konnte zwischen Potsdamer Platz und Nordbahnhof zeitweise nur im 20-Minuten-Takt fahren. Bei Bussen kam es nach Angaben einer BVG-Sprecherin bis etwa 8 Uhr zu kleineren Verspätungen. Die Straßenbahnen kamen teilweise bis zu 50 Minuten später. BVG-Mitarbeiter hatten alle Hände voll damit zu tun, Fensterscheiben und Straßenbahnoberleitungen vom Eis zu befreien.
Die Berliner Flughäfen waren von den schlechten Witterungsbedingungen besonders stark betroffen. Allein in Tegel mussten 50 Flüge gestrichen und 12 nach Schönefeld umgeleitet werden. Landungen waren bis 11.50 Uhr nicht möglich. In Schönefeld konnte der Flugverkehr ab 8.30 Uhr, in Tempelhof ab 7 Uhr wieder aufgenommen werden.
Auch im Straßenverkehr kam es wegen glatter Fahrbahnen zu kleineren Verzögerungen, besonders viele oder schwere Unfälle waren aber nicht zu verzeichnen. Zwischen 0 und 12 Uhr zählte die Polizei 151 Verkehrsunfälle, laut Polizeisprecher ein normaler Wert. Auf Fußgänger lauerte die Gefahr indes nicht nur in Form vereister Gehwege, sondern auch in Gestalt von Dachlawinen, vor denen die Polizei wegen des Tauwetters warnte.
Nutznießer der Wetterbedingungen könnte neben lernunwilligen Schülern allein die Deutsche Bahn gewesen sein. Obwohl auch sie nach Angaben eines Sprechers vereinzelt mit vereisten Gleisen zu kämpfen hatte, wurden mit Ausnahme der Strecke von Königs Wusterhausen nach Beeskow keine Ausfälle gemeldet. Aufgrund des unterbrochenen Flugverkehrs und vereister Straßen konnte die Bahn sogar überdurchschnittliche viele Fahrgäste begrüßen.
Eisregen soll es in den kommenden Tagen übrigens nicht mehr geben. Die Meteorologen sagen Temperaturen bis zu 12 Grad und Niederschläge voraus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen