Eishockeystar Alexander Owetschkin: Eroberer aus Russland
NHL-Rekordtorschütze Alexander Owetschkin ist Wladimir Putins schärfste Propagandawaffe. Die NHL spielte schon vor Trump bei der Russland-Show mit.

K lar, der Präsident hat gratuliert. Wladimir Putin weiß ja auch ganz genau, was er an Alexander Owetschkin hat. Der Eishockeyspieler, der am Sonntag mit seinem 895. Tor in der National Hockey League Geschichte geschrieben hat, ist Russlands wichtigster Sportbotschafter. Dass er auch ein Botschafter Putins ist, weiß die Welt seit 2017. Da war es Owetschkin, der zur Unterstützung seines Präsidenten das „Team Putin“ gegründet hat, dem sich bald die größten Sportstars des Landes anschlossen.
Nun ist Owetschkin der Mann, der die meisten Tore in der NHL erzielt hat, er hat die kanadische Legende Wayne Gretzky vom Thron gestoßen. Er bedankte sich nach dem historischen Treffer, den er am Sonntag für seine Washington Capitals bei den New York Islanders erzielt hat, bei seinem Team, seinem Trainer, der Liga. Seine wichtigste Botschaft war indes: Russland ist groß.
„Es waren Russen, die das geschafft haben!“ So lautete der letzte Satz seiner Ansprache auf dem Eis nach dem historischen Spiel. Genüsslich wird der Satz in russischen Medien zitiert. „Es ist ein russischer Mann, der die meisten Tore geschossen hat“, sagte Owetschkin in die Kameras nach dem großen Spiel.
In seiner Heimat ist man schon seit Wochen aus dem Häuschen. Der Countdown zum Torrekord fehlte auf keinem Sportportal. Und als er endlich gefallen war, kannte der Jubel keine Grenzen. Die Zahl 895 ist omnipräsent. Auf riesigen Werbetafeln in den großen Städten prangt Owetschkins Gesicht, der Moskauer Fernsehturm wurde mit einer Lichtinstallation für den Scharfschützen angestrahlt.
USA regelrecht eingenommen
Beinahe kein Kommentar kommt ohne die Botschaft aus, dass Owetschkin die USA regelrecht eingenommen habe. Der Stolz darüber, dass in New York in der Halle der Islanders zu Ehren Owetschkins das russische Volkslied „Kalinka“ abgespielt worden ist, ist nicht zu überlesen. Das Portal sports.ru hat für seinen Telegram-Kanal allen Ernstes ausgerechnet, dass ein Stapel mit 895 Pucks mit 22,73 Metern immerhin 1,50 Meter höher wäre als das Weiße Haus in Washington. Owetschkin, der russische Eroberer. „Es ist seine Stadt“, steht unter der absurden Rechnung.
Der Verweis auf das besondere Verhältnis von Owetschkin zu den zwei mächtigsten Männern der Welt darf im Leitkommentar der Propaganda-Postille Sport-Express nicht fehlen. Neben seinem heißen Draht zu Putin wird auch ausführlich darauf hingewiesen, dass US-Präsident Donald Trump Owetschkin vor seiner Amtseinführung in der Capitals-Arena erwähnt hat und dass die Owetschkins Trump an Weihnachten in Florida besucht haben.
Gemeinsame Russland-Show
In der NHL hat man die Russland-Show schon lange vor Trumps Machtübernahme mehr als nur über sich ergehen lassen. Nachdem Team-Putin-Gründer Owetschkin nach dem Beginn der russischen Vollinvasion der Ukraine nicht mehr zu sagen hatte, als dass er gegen Krieg ist und dass die Situation für Russen und Ukrainer ähnlich schwierig sei, beschloss die Liga, dass der Russe fortan keine Fragen mehr zum Ukrainekrieg beantworten muss. Mit dieser Nichthaltung ist die NHL bestens in die Trump-Zeit geschlittert.
Da passt es also durchaus, dass Kash Patel, der von Trump als FBI-Chef installierte Freund der Verschwörungserzählung vom Deep State, in der Loge saß, als Owetschkin im Heimspiel gegen die Chicago Blackhawks den Rekord von Wayne Gretzky eingestellt hat.
Gretzky selbst war auch gekommen, plauderte munter mit dem FBI-Chef und tat so alles, um seine Nähe zu Donald Trump unter Beweis zu stellen. Der US-Präsident hatte die einstige kanadische Nationalikone sogar mal als Gouverneur für die Zeit nach einer Annexion Kanadas durch die USA ins Spiel gebracht. Wayne Gretzky betonte dann, wie sehr Russland stolz sein könne auf Alexander Owetschkin. Er selbst habe ja einen russischen Großvater gehabt. So viel Russlandliebe gab es noch nie im US-Sport.
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