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Eishockey-Party im FußballstadionIst es draußen wirklich am schönsten?

Der Hype um das vermeintliche Eishockeyspiel des Jahres zwischen den Löwen Frankfurt und Adler Mannheim ist groß und die Erwartungen sind immens.

Eine Atmosphäre wie im Fußballstadion: Die Adler Mannheim waren beim letzten DEL Winter Game in Köln im Dezember 2022 schon dabei Foto: Depositphotos/imago

Zum Jahreswechsel hatte die NHL für die deutschen Eishockeyfans ein besonderes Angebot gemacht. Konnten diese doch an Silvester ab 23 Uhr deutscher Zeit das NHL Winter Classic anschauen und so das neue Jahr mit dem Outdoorspiel zwischen den Chicago Blackhawks und den St. Louis Blues beginnen.

Nun ist natürlich klar, dass die nordamerikanische Profiliga den Spielbeginn nicht nach dem deutschen Jahreswechsel auslegte, und es werden auch nur wenige den 6:2-Sieg der Blues der Feier mit Freun­d:in­nen vorgezogen haben. Nicht umsonst hat die NHL seit dieser Saison ihren Sendeplatz im deutschen Free-TV verloren.

Seit dem ersten NHL Winter Classic im Jahr 2008 haben sich diese Spiele rund um Neujahr jedoch mittlerweile zu Hochglanzveranstaltungen im Kampf um die Aufmerksamkeit der Fern­seh­zu­schaue­r*in­nen entwickelt. In welche Höhen deren Zahlen an solch besonderen Tagen gehen können, zeigte sich zu Weihnachten, als Duelle der NFL weltweit und exklusiv bei Netflix zu sehen waren. Allein in den USA schauten 27 Millionen Menschen zu, als Beyoncé bei einem der Spiele in der Halbzeit auftrat.

Die Stadionspiele sind für die NHL ein Erfolg. Das zeigt sich auch daran, dass es nicht bei diesem einen Match pro Saison geblieben ist. Mit den jährlichen Stadium Series sowie dem auf kanadische Teams ausgerichteten, jedoch unregelmäßig stattfindenden Heritage Classic gibt es weitere Outdoorspiele im Jahr.

Premiere für die Frankfurter

Welchen Glanz die NHL Winter Classics verbreiten, kann man indirekt am Samstag im früheren Frankfurter Waldstadion sehen. Schließlich waren es – neben dem WM-Auftakt 2010 in der Schalker Arena – diese Spiele, die dazu führten, dass es seit 2013 alle zwei Jahre ein DEL Winter Game gibt. Es war der Sponsor und damalige Namensgeber des Nürnberger Teams, Thomas Sabo, der diese Idee auf den Weg brachte und umsetzte.

Wenn um 18 Uhr der Puck zum Spielbeginn zwischen den Frankfurter Löwen und den Adler Mannheim aufs Eis fallen wird, ist es der Auftakt zum bereits sechsten DEL Winter Game.

Und während es für die Frankfurter in der DEL eine Premiere sein wird, ist es für die Mannheimer bereits das dritte Mal, dass sie Teil des Winter Game sein werden. Ihre Outdoorpremiere hatten die Adler 2017, als sie damals in klirrender Kälte gegen die Schwenninger Wild Wings antraten. Noch heute sind es diese äußeren Umstände, auf die Eishockeyfans direkt zu sprechen kommen, wenn sie über das damalige Spiel reden. Unter dem Motto „The good old hockey game“ holten die Adler damals vor 25.000 Zu­schaue­r*in­nen im Sinsheimer Bundesligastadion einen 7:3-Sieg und sorgten so für das bisher torreichste Stadionspiel in der Geschichte der DEL.

Die zweite Teilnahme der Adler an einem Winter Game bleibt ebenfalls eher wegen der äußeren Umstände im Gedächtnis. Angesetzt für den Januar 2021, musste das Spiel gegen die Kölner Haie wegen der Covid-Pandemie in den Dezember 2022 verlegt werden. Bemerkenswert war damals vor allem, dass die Kölner die durch die Fußball-WM in Katar gegebene Möglichkeit ergriffen und die Eisfläche im Stadion für zwei weitere Heimspiele nutzten, das Eis aber auch der Öffentlichkeit zum Schlittschuhlaufen zur Verfügung stand.

180.000 Liter Wasser benötigt

Insgesamt bleibt aber die Frage offen, wie der Ressourcenverbrauch für ein einziges Eishockeyspiel mit dem Nachhaltigkeitsversprechen der DEL zusammengeht.

So wurden für das DEL Winter Game 2015 in Düsseldorf 180.000 Liter Wasser bei entsprechend hohem Energieverbrauch zur Eisherstellung benötigt, und der Stadionrasen muss natürlich nach solch einer Belastung auch ausgetauscht werden.

Sportlich hat die Partie für beide Mannschaften eine hohe Bedeutung, die über die reinen Punkte hinausgeht. Den Vermarktungsslogan „Das größte Derby aller Zeiten“ wird man in Köln und Düsseldorf zwar eher mit Stirnrunzeln zur Kenntnis genommen haben, trifft aber insofern doch den Kern, als die Duelle gegeneinander während der Saison die wichtigsten Spiele für beide Fanlager sind.

Dass die Rivalität zwischen beiden Teams, deren Heimspielstätten nur 87,8 Kilometer voneinander entfernt liegen, bereits seit 1980 besteht, wissen dabei die wenigsten. Die Frankfurter, damals Oberligist, taten den Mannheimern einen Gefallen und reisten für ein Freundschaftsspiel an, damit der Mannheimer Topscorer Ron Andruff seine Sperre über ein Spiel noch vor Beginn der Runde absitzen konnte. Der Dank der Mannheimer war eine 42:1-Klatsche, mit der sie ihre Gäste wieder nach Hause schickten.

Mannheimer Wiedergutmachung?

Das Motto seitdem bei beiden Mannschaften: „Du darfst jedes Spiel verlieren, aber gegen die nicht“, wie es der heutige Bundestrainer und früherer Mannheimer Verteidiger Harold Kreis einmal ausdrückte.

Überträgt man Kreis’ Satz auf diese Saison, dann sind es die Adler, die am Samstag dringend etwas gutzumachen haben. Denn beide Derbys der bisherigen Saison gingen mit 2:0 und 3:1 nach jeweils eindeutigem Spielverlauf an die Frankfurter.

Dabei laufen die Löwen den eigenen Erwartungen in dieser Saison bisher deutlich hinterher, verloren zwischendurch sechs Spiele in Folge. Es stand sogar bereits die Ablösung von Coach Tom Rowe im Raum, der erst zu dieser Saison aus Nürnberg gekommen war und dort als einer der Toptrainer der DEL galt.

Schwieriger Transfer

Für die Adler Mannheim, das Team mit dem höchsten Etat der Liga, geht es darum, wieder in die Spur zu finden. Nach starken letzten Wochen bei klar aufsteigender Tendenz verlor das Team die letzten beiden Spiele des Jahres 2024 und fiel in der Tabelle auf Platz vier.

Trotz allem Hype um „das Spiel des Jahres“ gab es im Vorfeld auch nachdenkliche Stimmen, ob die Erwartungen an die Veranstaltung nicht zu hoch seien. Auf einer Pressekonferenz 100 Tage vor dem Spiel wollte Adler-Kapitän Marc Michaelis nicht so recht in den Jubelchor über das große Spiel im Stadion einstimmen. Er antwortete damals auf die Frage, welche Stimmung er denn bei dem Spiel erwarte: „Ich glaube, es wird schwierig sein, diese besondere Derbyatmosphäre einer vollen Halle in ein Stadion zu übertragen.“ Ob dies vielleicht doch gelungen ist, kann am Samstagabend beantwortet werden.

Klar ist jetzt schon, dass sich die über 40.000 Zu­schaue­r*in­nen warm anziehen müssen. Zu Spielbeginn sollen bereits Minusgrade herrschen. So, wie es zu einem echten Winter Game eben sein soll.

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