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Eishockey-MeisterScorpions stechen das dritte Mal zu

Nach nur drei Finalspielen gegen die Augsburger Panther sind die Hannover Scorpions deutscher Meister im Eishockey. Der scheidende Trainer Hans Zach setzt seiner Karriere damit unerwartet die Krone auf.

Panther Darin Olver versucht vergeblich, dem Hannoveraner Sascha Goc einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Bild: dpa

Wenn es ein Drehbuch gäbe, niemand hätte es besser schreiben können als Hans Zach selbst. Denn der charismatische Trainer schenkte den Hannover Scorpions zu seinem Abschied nach vier Jahren an der Bande nicht weniger als die erste Meisterschaft in der Deutschen Eishockey Liga. Nach einem 4:2 (0:0; 2:0; 2:2) am Sonntag gegen die Augsburger Panther haben die Niedersachsen die Finalserie in den Playoffs deutlich mit 3:0 Siegen für sich entschieden. Es ist der größte Erfolg der Vereinsgeschichte, an den noch vor fünf Monaten, als die Aussichten am Tabellenende ungemütlich düster waren, niemand geglaubt hatte. Noch nicht einmal sie selbst.

Wer den Erfolg und das ganz Besondere daran erklären möchte, muss sich auf eine kleine Reise in die Vergangenheit begeben. Denn noch im vergangenen Frühjahr waren die Finanzprobleme so groß, dass man ernsthaft um die Zukunft des erstklassigen Eishockeys in Hannover bangen musste. "Es war nicht alles planbar", erinnert sich Scorpions-Manager Marco Stichnoth trocken. Der Etat wurde deutlich gekürzt, wichtige Spieler verließen den Verein; die, die geblieben waren, verzichteten auf einen Teil ihres Grundgehalts. "Wir haben früh Zeichen gesetzt. Die Mannschaft ist diesen Weg mitgegangen und hat in dieser schwierigen Situation Charakter gezeigt", sagt Stichnoth.

Die sportlichen Schwindelanfälle zu Beginn der Saison, den Absturz auf den letzten Tabellenplatz konnte sie aber dennoch nicht verhindern. Angesichts der aberwitzig vielen Gegentore einer Mannschaft, die in diesen Tagen einen erschreckend orientierungslosen Eindruck hinterließ, hatte Zach sogar seinen Rücktritt angedroht. Er selbst hatte das damals nicht so ernst genommen. Im Gegensatz zu seinen Spielern, die den Verlust ihres Trainers fürchteten und sich in einer danach unglaublich aufregenden Saison bis in das Finale spielten. "Da gibt es kein Geheimnis", sagt Zach. "Das ist harte Arbeit." Der Reifeprozess, den die Mannschaft in den letzten Monaten durchlaufen hat, ist dennoch bemerkenswert. "Die Spieler sind sehr auf den Erfolg fokussiert. Sie wollen was erreichen und haben eine gute Einstellung", sagt Zach. Er weiß: "Die Mannschaft hat ein Gespür für den Sieg entwickelt."

Das hatte vor allem einer: Tino Boos. Der Kapitän sorgte mit seinem Tor kurz vor dem Ende für den Schlusspunkt einer wahnsinnig schnellen Partie (59.). Zuvor hatten Klaus Kathan (27.), Chris Herperger (33.) und Thomas Dolak (59.) für Hannover, Thomas James Kemp (46.) und Darin Olver (52.) für die Augsburger getroffen.

Doch es liegt auch ein kleiner Schatten über dem Erfolg. Dass die sterile Multifunktionshalle erstmals in dieser Saison mit 10.496 Zuschauern ausverkauft war, die bisherigen Endrundenspiele aber nur durchschnittlich besucht waren, belegt das Aufmerksamkeitsproblem, dass sie in Hannover nach wie vor haben - trotz der erstklassigen Leistungen auf dem Eis. Das liegt zum einen an den allgemeinen Wahrnehmungsschwierigkeiten einer Sportart, die noch immer keine Lösung für immer geringer werdendes Interesse und sinkende Zuschauerzahlen gefunden hat. Zum anderen genießen die zweitklassigen und nur mäßig erfolgreichen Hannover Indians dank ihrer Geschichte noch immer die größeren Sympathien in der Stadt.

Dass sich die komplizierte Beziehung der Scorpions zu den Eishockey-Fans der Stadt nun nachhaltig verbessern könnte, haben sie nicht zuletzt auch Hans Zach und dem überraschenden Titelgewinn zu verdanken. "Ich kann auch als Vizemeister leben. Für mich spielt es keine Rolle, auch wenn es mir wieder keiner glaubt", hatte er vor seinem allerletzten Spiel als Vereinstrainer gesagt. Wer ihn nach dem Schlusspfiff genau beobachtete und in die funkelnden Augen des 61-Jährigen nach seiner vierten Meisterschaft sah, hatte einen ganz anderen Eindruck.

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