Eishockey-Diplomatie der Supermächte: Auf die Propagandabühne
Auch mit ihren geplanten Eishockey-Spielen verändern US-Präsident Donald Trump und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin die Weltordnung.

D as zweistündige Telefonat zwischen Putin und Trump in der vergangenen Woche hat sich bekanntlich weitestgehend als Nullnummer herausgestellt. Einer Waffenruhe in der Ukraine ist man keinen Schritt nähergekommen. Die Unklarheit, ob Angriffe gegen „Energie und Infrastruktur“ oder gegen „Energieinfrastruktur“ ausgesetzt werden sollen, war schon nach Stunden gleichgültig, als Putins Drohnen mehrere ukrainische Stadtgebiete mit Bombenangriffen überzogen. Das Einzige, was deutlich wurde, war, dass Putin mit Trump umspringen kann, wie er will.
Immerhin scheint man sich in einer Sache angenähert zu haben. Als das Gespräch auf Eishockey kam, wurden offenbar beide Staatschefs von einem freudigen Enthusiasmus gepackt. Sowohl Trump als auch Putin lieben den Sport und so wurden sie sich rasch einig, dass man möglichst bald Spiele zwischen Teams der beiden Profiligen NHL und KHL austragen sollte.
Das wäre in Zeiten des Kalten Krieges noch eine überaus begrüßenswerte Entwicklung gewesen. So führte die Tischtennis-Diplomatie zwischen Mao Zedong und Richard Nixon in den 70er Jahren zu einer merklichen und nachhaltigen Entspannung der Beziehungen zwischen den USA und China. In einer Ära, in welcher der US-Präsident mehr oder weniger gedankenlos die bestehende Weltordnung zertrampelt, haben solche Einigungen jedoch einen ganz anderen Beigeschmack.
Trump schert sich kaum um internationale Abkommen, das ist bekannt. Was Sportorganisationen beschließen, scheint ihn noch weniger zu interessieren. Dass etwa der russische Sport im Großen und Ganzen seit der Invasion der Ukraine vom Weltsport ausgegrenzt wird. Bei Olympischen Spielen dürfen russische Athleten nur unter neutraler Fahne starten, die Eishockeyspieler aus Russland und Belarus bleiben mindestens bis Ende 2025 von internationalen Turnieren ausgeschlossen.
Möglichkeit der Machtdemonstration
Das Ziel einer solchen Politik ist es, für Putin den Sport als Propagandawaffe unschädlich zu machen. Wenn demnächst ZSKA Moskau bei den Florida Panthers gastiert oder die New Jersey Devils in St. Petersburg spielen, dann wäre Putin zumindest in begrenztem Umfang wieder die Möglichkeit geboten, sich per Sport als mächtig und leistungsstark oder vielleicht sogar als sympathisch darzustellen.
Das Eishockey hat schon einmal dazu beigetragen, die russisch-amerikanischen Beziehungen anzutauen. Als in den 90er Jahren nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die „Russian Five“ – Sergei Fedorov, Vladimir Konstantinov, Slava Kozlov, Slava Fetisov und Igor Larionov – aus der berüchtigten Schule des „Generals“ Victor Tichonov zu den Detroit Red Wings kamen, erwärmten sie nicht nur durch ihr brillantes Passspiel die Herzen der US-Fans, sondern stellten sich, allen Klischees der Hockey-Roboter zum Trotz, auch noch als überaus sympathisch heraus.
Doch die Zeiten haben sich geändert. So hat der russische NHL-Torschützenkönig Alexander Owetschkin von den Washington Capitals einiges an Sympathien bei den Fans eingebüßt, seit er offen die russische Invasion der Ukraine unterstützt und einen Putin-Fanklub gegründet hat. Wenn er vermutlich am 10. April den ewigen Torrekord von Wayne Gretzky bricht, wird der Applaus von den Rängen deshalb eher müde ausfallen. Alleine das Weiße Haus wird wohl Begeisterung zeigen.
So spiegelt die Eishockey-Diplomatie zwischen Trump und Putin eigentlich nur eines wider: die Kumpelei der beiden Anführer und ihren gemeinsamen Ausbruch aus einer freiheitlich-demokratischen Weltordnung.
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