Eis und Schnee: Lompscher taut auf
Als Konsequenz aus dem Schnee- und Eischaos im Winter auf den Gehwegen plant Umweltsenatorin Lompscher eine Gesetzesnovelle: Hauseigentümer sollen für Räumdienst haften.
BERLIN taz | Ekkehard Band hat mit Hauseigentümern in diesem Winter schlechte Erfahrungen gemacht. Wenn sich der Bezirk wegen nicht geräumter Gehwege gemeldet habe, waren "Eigentümer oft nicht auskunftsbereit oder sie wussten zum Teil nicht genau, an wen sie den Räumdienst abgegeben hatten", sagte der SPD-Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg. Die zentrale Stelle in Lichtenberg, bei der Hausbesitzer beauftragte Räumdienste melden müssen, sei überlastet gewesen.
Damit sich Eigentümer nicht mehr aus der Verantwortung stehlen können, beriet Band mit Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke), der Vorstandschefin der Berliner Stadtreinigung (BSR), Vera Gäde-Butzlaff, und Wirtschaftsvertretern am Mittwoch über Änderungen im Straßenreinigungsgesetz.
Ergebnis: "Hauseigentümer können Räumdienste beauftragen", sagte Lompscher. Faktisch sollen sie künftig - anders als bisher - aber dennoch haften, wenn sich vor dem Anwesen Schnee türmt und Menschen zu Schaden kommen; sie sollen auch alleiniger Ansprechpartner für die Bezirke sein.
Eigentümer sollen zudem verpflichtet werden, im Haus die Anschrift der beauftragten Räumfirma auszuhängen. Der Wohnungsunternehmerverband BBU erklärte indes, er sei dafür, dass in schneereichen Wintern die BSR einspringe: Sie habe ja oft gezeigt, dass sie mit "Extremereignissen" gut umgehen könne.
Neu aufgenommen ins Gesetz wird Lompscher zufolge auch die Pflicht zur Beseitigung von gefährlicher Glätte. Die Verantwortung für wichtige Plätze und etwa Fußgängerzonen soll der BSR übertragen werden - hier hatte es in den vergangenen Wochen Abstimmungsschwierigkeiten gegeben. Die Stadtreiniger kümmern sich künftig auch um Haltestellen. Dazu will Vorstandschefin Gäde-Butzloff mit den Verkehrsbetrieben und Räumfirmen beraten. "Wir müssen ja auch regeln, wie man an diese geräumten Bushaltestellen rankommt", sagte sie.
Senatorin Lompscher will prüfen, ob die Einstiegsbußgelder erhöht werden. "Es ist besser, bei 1.000 Euro anstatt bei 100 Euro anzufangen", sagte sie. In Berlin können Bußgelder bis zu 10.000 Euro für Hauseigentümer verhängt werden, wenn beispielsweise Gehwege nicht geräumt werden. Bürgermeister Band indes wusste von keinem Fall in seinem Bezirk, in dem es die Höchststrafe gab.
Laut Lompscher herrschten in diesem Winter Zustände wie seit den 1950er-Jahren nicht mehr. Wochenlang waren Geh- und Radwege sowie Nebenstraßen derart vereist, dass ältere Menschen "teils nicht mehr am öffentlichen Leben teilnehmen konnten", sagte die Senatorin. Die privaten Räumdienste waren überfordert - sie hatten wegen des Wettbewerbsdrucks in der Branche zu knapp kalkuliert.
Auch Bezirke und BSR bekamen diese Probleme mit beauftragten Firmen zu spüren. "Insgesamt war die Reinigung unzureichend", bilanzierte Band. Sein Bezirk will als Konsequenz nicht mehr über das Landesverwaltungsamt, sondern selbst Aufträge vergeben. Ob die dann besser erfüllt werden, wird sich zeigen - im kommenden Winter.
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